Warum wird im Urlaub so häufig gestritten?

9. Juli 2021 von Tatjana Lackner, MBA

Warum wird im Urlaub so häufig gestritten?

Im Alltag gehen wir arbeiten, wenigstens eine Mahlzeit essen wir getrennt von unseren Lieben, wir lesen verschiedene Zeitungen und konsumieren divergente Medien. Wir schauen beispielsweise unterschiedliche Spartenkanäle – alles getrennt vom Partner. Und im Urlaub haben wir dann noch weniger Raum und kleben dafür um so mehr aufeinander – Reibung erzeugt dann nicht immer Wärme im Familiensystem. Zudem erwarten wir von der schönsten Zeit des Jahres viel zu viel.

Was dagegen tun?

Besser wir trennen zuerst zwischen Wünschen und Bedürfnissen. Niemand kann schließlich Gedanken lesen – auch unser Partner nicht. Sie wünscht sich auf den angebotenen Ausflug mitzufahren? Dann soll sie das machen. Gerne gut gelaunt und auch alleine. Papa mag ein Bier? Der Sohn ein Eis? Selber holen! Wenn sich jeder selbst organisiert und nicht laufend für die anderen, dann hat das den Vorteil: Niemand fühlt sich undankbar behandelt und jeder bekommt, was er wirklich möchte. Das klingt doch gut. Ja, und damit kommen wir zum nächsten Punkt. Ihr Strandspaziergang wird angemeldet und für danach gleich ein Date vereinbart – natürlich nicht mit Fremden, sondern mit dem Partner. Das bedeutet Alleingänge werden angekündigt und dann wird wieder ein gemeinsamer Treffpunkt ausgemacht, zum Beispiel an der Poolbar. Diese Dates sind Wir-Momente für die Paare. Und beim Alleinausflug in die Stadt kann man dann Fotos machen und anschließend dem Partner zeigen, was man Neues entdeckt hat. Vielleicht kommt er am nächsten Tag dann sogar mit.

Und was können Paare mit Kindern tun?

Wenn gar keine Wir-Zeit organisierbar ist und Klein-Clemens sicherer am Spielplatz ist, als am Pool, dann wird das Date eben dort vereinbart. In der Kommunikation geht es immer wieder um einen Neubeginn und die Chance atmosphärisch abgestandene Stimmung frisch zu gestalten. Gerade mit kleinen Kindern ist es wichtig, dass jeder auch Mal Zeit für sich hat. Während der eigenen Ich-Zeit nimmt der andere in der Zwischenzeit dann die Kinder. Solche Zäsuren sind für alle wichtig, auch für den Nachwuchs. Sonst heißt es irgendwann nach dem dritten Zoff, bei dem die Pubertierende in der Früh schon zickig war, „du bist schon den ganzen Tag schlecht drauf“. Kleine zeitliche Trennung verschaffen stets einen Puffer und garantieren frische Antriebsenergie.

Ein Tipp für die Paarbeziehung im Urlaub?

Ich finde es gut, wenn Paare gemeinsam lesen. Also wirklich gemeinsam dasselbe Buch – einer liest dem anderen vor. Gerade wenn es in einer Beziehung nach Jahren schon einige vergiftete Reizthemen gibt, an die besser niemand ausgerechnet im Urlaub anstreift – vermag Literatur uns aus dem Alltag wegzuführen. Neue Sichtweisen und Eindrücke von außen bieten einen gemeinsamen Thementeppich, auf dem man wieder diskutieren kann. Zudem lernt man so auch Meinungen vom eigenen Partner kennen, die vielleicht noch nicht bekannt waren. In langen Beziehungen ist auffallend, dass viele das Gefühl haben, nichts Neues mehr entdecken zu können. „Glaub mir, ich kenne Dich“ – Sätze werden laut. Leise werden manche erst nach einem Seitensprung, wenn sie verblüfft erkennen müssen, wie kreativ ihr Partner andernorts gewesen ist.

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