Bro, sei nicht “goofy”!

8. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA

Als Rhetoriktrainerin ist es meine Aufgabe die Entwicklungen in der Sprache aufmerksam zu beobachten, insbesondere wenn es um Jugendwörter geht. Unsere Ausdrucksweise ist schließlich lebendig und verändert sich ständig, um sich an die Bedürfnisse und Interessen der jeweiligen Generationen anzupassen. Das Jugendwort 2023 (Platz 1) reicht ursprünglich ins Jahr 1869 zurück. Im englischen Dialekt wurde „goff“ gleichbedeutend mit „foolish clown“ verwendet. Spätestens seit 1939 und dem Walt-Disney-Konzern steht „Goofy„, der Freund von Mickey Mouse, synonym für tollpatschig, albern und verpeilt.

Mit “YOLO” erleben wir ebenfalls eine Reprise aus dem Jahr 2012. Draufgängerisch und risikobereit bist Du, wenn Du Chancen ergreifst und stets nach dem Motto lebst: “You only live once”. 

Niemand von uns möchte “NPC” genannt werden. Der “Non-Playable-Character“ kommt aus der Gamingsprache und definiert im übertragenen Sinne das Gegenteil von einem VIP. Es handelt sich hier um Menschen, die aktuell keine große Rolle spielen, somit vermeintlich unwichtig sind.

Es ist peinlich, wenn Erwachsene krampfhaft die Sprache der Jüngeren sprechen und dadurch cool sein wollen. Auf der anderen Seite ist es sicher falsch, sich gar nicht für die verbale Welt unserer Jungen zu interessieren, denn oft schon kamen kreative Wortschöpfungen aus ihrer Generation: “Napflixen”1 (Kofferwort aus dem Mittagschlaf, engl. Nap und Netflix, Jugendwort 2017, Platz 2) beschreibt beim Streamen einzuschlafen. Im selben Jahr wurde auch ein anderes Mischwort geboren: Wer “tinderjährig” (Jugendwort 2010, Platz 3). ist, gehört zur Zielgruppe der 18- bis 35-Jährigen. Das bedeutet: Diese Person ist nicht mehr minderjährig und darf die Datingplattform “Tinder” bereits nutzen. Der Neologismus versteht sich jedoch auch als Zielgruppenhinweis – beispielsweise im Marketing für das betreffende Alterssegment. 

Neue Wörter tragen dazu bei, dass Sprache frisch und lebendig bleibt. Einige der juvenilen Kreationen vermitteln zudem gelungene Bilder: Wer auf einer Party die Contenance verliert oder seichte Jokes macht, ist sprichwörtlich im “Niveaulimbo” (Jugendwort 2010, Platz 1). 

Sprache erzeugt zudem Wirklichkeit und stellt Gedankenbrücken her. Damit schaffen Worte Identitätsbildung. Jugendliche nutzen spezielle Begriffe, um sich von älteren Generationen abzugrenzen und eine eigene Gleichartigkeit zu schaffen. Das kann dazu beitragen, dass die Zugehörigkeit zur eigenen Altersgruppe gestärkt wird. Ausdrücke wirken dann wie Social Codes. 

Auf der anderen Seite sind Jugendwörter oft eng mit technologischen Entwicklungen verbunden. In einer Welt, die von digitalen Medien geprägt ist, spiegeln diese Wörter den Einfluss von Technologie auf die Kommunikation wider: “Egosurfer” sind Menschen, die sich selbst googeln (Jugendwort 2010, Platz 3), wer ständig auf seinen mobilen Glasziegel glotzt, der ist ein “Smombie” (beschreibt die Kreuzung aus Smartphone und Zombie, Jugendwort 2015, Platz 1).  

Nur wenn wir die Sprache der Generationen vor uns und nach uns verstehen, können wir gemeinsam gesellschaftliche Trends und Anliegen bearbeiten. 

Einige Jugendliche verwenden Wörter, um dadurch ihr politisches Statement abzugeben oder eine kulturelle Zugehörigkeit auszudrücken. 

Als Rhetoriktrainerin ermutige ich deshalb sowohl das Führungspersonal als auch Studierende, die Bedeutung und den Kontext solcher Wörter zu verstehen, um innergenerationell effektiver zu kommunizieren. 

Fazit: Nicht jedes Jugendwort ist auch im nächsten Jahr noch von Relevanz, aber einige kommen – wie im heurigen Jahr “Goofy” oder “Digga(h)” (“Dicker”, Bruder, Kumpel, war bereits in den 1990er Jahren bekannt) – erneut um die Ecke. 

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