Dein Wortschatz – Deine Welt der Möglichkeiten!

6. September 2023 von Tatjana Lackner, MBA

Die Sprache ist gleichsam der Leib des Denkens“, davon war Georg Wilhelm Friedrich Hegel, deutscher Philosoph, bis zu seinem Tod überzeugt. Und er hatte recht: Sprechen und Denken hängen eng zusammen. Menschen, die sprachlich reich sind und sich gewandt ausdrücken können, wird mehr zugetraut. 

Die Größe des Wortschatzes hängt von unserer Umgebung, dem Kulturkreis, aus dem wir kommen, dem Milieu, in dem wir aufwachsen sind und von unseren Interessengebieten ab. Aber auch unsere Gesundheit spielt eine wesentliche Rolle. Sie kann den Wortschatz verringern. Bei einem Schlaganfall beispielsweise sind für viele Patienten hunderte Wörter von einem Tag auf den anderen gelöscht. Darunter befinden sich schmerzlicherweise selbst Kernwörter, die jeder für den Alltag braucht. 

Die deutsche Sprache besteht aus knapp 500.000 Wörtern. Die aktuelle Ausgabe des „Dudens“ enthält rund 145.000 Stichwörter. Davon verwenden wir täglich nur einen Bruchteil. Durchschnittliche Menschen verstehen bis zu 50.000 Begriffe, je nach ihren Interessen, ihrer Ausbildungen und dem jeweiligen Lebensalter. Goethe soll ein besonderer Tausendsassa gewesen sein. Zu seinem sprachlichen Horizont gehörten angeblich 80.000 Wörter. Vergleichsweise wurden für Luthers deutsche Schriften nur 23.000 gezählt – bei Shakespeare waren es sogar 29.000. Wenn man alle Gedichte von Rainer Maria Rilke zusammennimmt, dann kommen sie mit lediglich 5.000 Begriffen aus. Man muss also selbst für Lyrik nicht prosaisch sein. 

Was bei den Schriftstellern das Ranking um die knackigsten Formulierungen, sind in der Wissensgesellschaft gut und verständlich geführte Gespräche. Es lohnt sich einen Blick auf die Unterschiede zu werfen: 

  1. Aktiver Wortschatz: Das sind jene Wörter, die wir in Redesituationen oder beim Schreiben aktiv verwenden. Ein durchschnittlich gebildeten erwachsenen Muttersprachler verwendet zwischen 12.000 und 16.000 Wörter. 
  1. Passiver Wortschatz: Alle Wörter, die ein Mensch kennt. Rund 50.000 Begriffe, die jemand zuzüglich zu den aktiven – etwa in Präsentationen oder bei Telefonaten – verwendet, oder leicht decodieren kann. 
  1. Grundwortschatz: Darunter versteht man die Kernwörter, die beispielsweise für 85% der Texterfassung einer Sprache nötig sind. Dazu gehören: Zahlen, Pronomen, Verben, Substantive, Adjektive, Präpositionen, Frage und Ausrufewörter, aber auch Konjunktive. Insgesamt rund 1.285 Wörter. 
  1. Fachvokabular: In jeder Branche kommen speziellen Begriffe zum Einsatz: Fachausdrücke und Berufsjargon, der in einem bestimmten Berufsfeld, einer wissenschaftlichen Disziplin oder einem Interessengebiet verwendet wird. Mediziner oder Juristen sind dafür klassische Beispiele. 
  1. Alltagswortschatz: Dies ist der Wortschatz, der im täglichen Leben am häufigsten verwendet wird. Er umfasst Wörter und Ausdrücke, die in alltäglichen Gesprächen und Situationen wie Einkaufen, Kochen, Reisen usw. verwendet werden. 
  1. Slang: Jugendwörter, informelle Wörter und Ausdrücke, die in spezifischen sozialen Gruppen oder Subkulturen verwendet werden: “Geil”, “Ab in die Falle!”, “Oida” 
  1. Archaismen: Früher hieß “Hashtag” noch Raute und “Lifehack” war “Trick 17”. Menschen, die nach der Jahrtausendkante geboren wurden, können sich beispielsweise unter: “Fisimatenten”, “Bauchpinseln” oder einem “Mumpitz” kaum noch etwas vorstellen. In der Rhetorik nennt man derlei Archaismen. Darunter versteht man Sprachfossile, also alten Wortschatz, der einer jüngeren Generation gänzlich unbekannt ist und daher nicht mehr verstanden wird. 
  1. Lehnwörter: Lehnwörter sind Wörter, die aus einer anderen Sprache übernommen wurden und in die eigene Sprache integriert wurden. Zum Beispiel stammen viele deutsche Lehnwörter aus dem Lateinischen, Französischen oder Englischen. “Computer”, “Surfen” und “Song” kommen aus dem Englischen; “Restaurant” und “Hotel” aus Frankreich; “Auto”, “Telefon” oder “Musik” stammen aus Griechenland. 
  1. Homonyme und Homophone: Diese Wörter sehen gleich aus (Homonyme) oder klingen gleich (Homophone), haben jedoch unterschiedliche Bedeutungen. Ein bekanntes Beispiel ist „Bank“, das sowohl eine Sitzgelegenheit als auch eine Finanzinstitution bezeichnen kann. Wohingegen “flower” (Blume) zwar nicht gleich geschrieben, aber genauso ausgesprochen wird, wie “flour” (Mehl). 

Es lohnt sich auch Jahre nach der Schulzeit oder jenseits der Alma Mater noch, an der eigenen Bildungssprache zu arbeiten. Was hilft? 

  • Lesen: Lies regelmäßig Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und Artikel in verschiedenen Themenbereichen! Notiere dir unbekannte Wörter und schlag ihren Ursprung bzw. Bedeutungen nach. 
  • Wortschatzbücher: Verwende Wortschatzbücher, um neue Begriffe zu lernen. Schmökere in ihnen, notiere dir interessante Wörter und versuche, sie in deinen Alltag einzubauen. Bitte nicht gekünstelt und um jeden Preis! 
  • Schreiben: Schreibe Tagebuch, Essays oder Geschichten. Versuche, dabei neue Wörter und Ausdrücke einzubauen. Verlasse den Modalverb-Wortschatz. (dürfen, mögen, dürfen, sollen, müssen, wollen) Das aktive Verwenden von frischen Wörtern hilft dir, sie besser zu behalten. 
  • Wortschatz-Apps: Nutze Apps wie “Wortschatz-Bildungssprache”, “Memrise” oder “Anki”. Sie bieten oft interaktive Übungen und Wiederholungen zur Festigung. 
  • Kontext: Lerne Wörter in ihrem Kontext. Lies Beispielsätze und versuche zu verstehen, wie das Wort in verschiedenen Situationen verwendet wird. Lerne nicht nur einzelne Wörter, sondern kümmere dich auch um die Wortfamilie, also verwandte Begriffe und Ableitungen, um ein tieferes Verständnis zu entwickeln. 
  • Wortschatzspiele: Spiele wie “Just One” (Spiel des Jahres 2019), “Wortblitz”, “Haste Worte?” garantieren Spaß für die ganze Familie und helfen, den Wortschatz aller zu erweitern. 
  • Hörverständnis: Höre Podcasts mit intellektuellen Denkern (z.B.: “Lanz & Precht”, “Rhetorik: Tipps & Tools mit Tatjana Lackner”). Achte darauf, neue Wörter zu notieren und ihre Bedeutungen nachzuschlagen. 

Fazit: An DER SCHULE DES SPRECHENS nehmen wir uns Aristoteles und Sokrates zum Vorbild. In Rhetorik Spin Trainings werden erprobte Diskussionstechniken getankt und für Latenight-Worker gibt es sogar einen eigenen Wortschatz-Spin. Jeder lernt hier neue Begriffe und erkennt, dass Ludwig Wittgenstein ebenfalls recht behielt: “Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt”. 

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