Killerphrasen gibt es wie Sand am Meer. Wir alle haben schon welche „geschenkt“ bekommen und auch selber fleißig verteilt. Im Fokus stehen nun fünf klassische Killerkönige, die Absender solcher Mundtotmacher sind.
Die Art der eingesetzten Killerphrase wählt ein Mensch meistens instinktiv; sie spricht jedoch Bände über seine Betriebstemperatur, sein Weltbild und sein Selbstkonzept. Alle genannten Typen kommen natürlich sowohl in Rein- als auch in Mischform vor, in männlicher und in weiblicher Form.
Der Ignoranzler
Dem Proletariat anzugehören war – historisch betrachtet – vielleicht zu manchen Zeiten erstrebenswert. Heute hat die Bezeichnung „Prolet“ keine positive Konnotation und beschreibt Menschen, die eher bildungsschwach, dafür aber milieuauffällig sind. Grammatik- und Fallfehler pflastern ihren Kommunikationsweg.
Dabei sind diese ignoranten Zeitgenossen mit ihrer einfachen Lebensform durchaus erfolgreich – auch sie kommen zu ihren Kindern, Häusern, Urlauben und Fun-Momenten. Mit dem Brustton der Überzeugung vertonen sie ihre eher banalen Lebensformeln bei jeder Gelegenheit und geizen auch nicht mit kernigen Tipps, wie man wodurch zu seinem Recht kommt. Ihre bodenständige Natur lässt sie in den Niederungen des Alltags gar nicht dumm dastehen, sind sie doch weder entscheidungsschwach noch zögerlich. Außerdem wissen sie banal Alltägliches meist besser. Beispielsweise, wo die Autoreifen am günstigsten umgesteckt werden. Warum sich den Kopf schwer machen? Auch ohne Lupe ist klar, dass der Tiefgang ihrer Überlegungen zu den wesentlichen Fragen des Menschseins überschaubar bleibt. Sie sind hauptsächlich damit beschäftigt, ihr „Leben zu organisieren“, nicht damit, über den Lebenssinn nachzudenken. Wozu auch? „Sterben müssen wir schließlich alle.“
In philosophische Grauzonen stoßen Ignoranzler seltener vor. Geparkt wird lieber in geselliger Runde bei lauter Musik. Dieser Typus macht auch kein Hehl daraus, dass Grübeln oder Reflektieren aus seiner Sicht eher etwas für Schwachmatiker ist. Das Leben ist zu kurz, um darüber nachzudenken. Man erkennt diesen Typen sprachlich daran, dass er handlungs-, nicht lageorientiert ist. Der Satz „Gemmas an“ fällt eher als „überlegen wir mal“. Diese Umsetzungsstärke wird vielerorts sogar geschätzt.
Diesen „Geht scho gemma Vollgas“-Typus verrät seine Plattheit, die gespickt ist mit grammatikalischen Ungereimtheiten wie: „Wozu soll ich wählen gehen – sagst Du mir das bitte – interessiert die Herren Politiker meine Meinung? – Bist Du so naiv, dass Du das wirklich glaubst? Dann tust Du mir aber leid!“ Dieser Typ ist durchaus stolz auf seine hemdsärmeligen Äußerungen und die eher triviale Betrachtung der Welt: „Worüber Du Dir immer Gedanken machst, über so was denke ich gar nicht nach. Da ist mir meine Zeit wirklich zu schade! Im Leben geht’s echt um andere Werte.“
Der Spalter
Das krasse Gegenteil dazu ist – sprachlich betrachtet – der „Wieso“-Typus. Er ist Frageweltmeister und ein Spalter. Um Menschen und ihre Meinungen unbemerkt „auseinander“ nehmen zu können, muss er – oder gerne auch wieder sie – geistig rege und inhaltlich aufmerksam sein. Wie ein Fuchs liegen diese „Wieso-Typen“ deshalb auf der Lauer, um im Redefluss des anderen blitzschnell einzuhaken. Gerne schwimmen sie thematisch gegen den Richtungsstrom der vorgebrachten Argumente. Das hilft zwar weder dem Gesprächsverlauf noch der Laune weiter, aber sie können durch unbequeme Fragen punkten und sich als „schwierig“ oder „anspruchsvoll“ positionieren. Diese Oppositions-Rhetoriker sind brillante Redner, was sie gefährlich macht. Wenn sie in Fahrt sind, wird das Gesprächsklima schnell rauer und der Konsens ist perdu.
Dieser Typ gibt vor, stets am Inhalt interessiert zu sein, doch seine vordergründige Kompromiss-Miene täuscht. Die Kommunikation dient alleine seiner persönlichen Eitelkeit. Der von ihm, wie durch unsichtbare Hand, geschürte Unfrieden ist durchaus beabsichtigt. Für die Harmonizer am Tisch mag Dissens ein Tabu sein. Der Spalter hingegen fühlt sich erst dort zuhause, wo sprachlich seziert wird und er andere verunsichern kann. Rein stimmlich wirken diese Menschen selten bedrohlich. Manchmal verrät sich dieses rhetorische Pendant sogar durch eine eher hohe Stimme und durch seine schnarrende oder näselnde Sprechweise. Spalter arbeiten nicht mit beleidigenden Antworten, üblen Prolo-Meldungen oder anderen tönenden Killerphrasen. Nein, sie brüskieren lieber und verwenden Killerfragen. Zudem beherrschen sie die Schwarzmalerei. Ihre konsensualen und fast kindlich gestellten Fragen klingen harmlos, zielen jedoch gerne auf das Gewissen ab. Der „Wieso-Typ“ wirkt vordergründig durchaus kooperativ. Genau analysiert merkt man jedoch, dass er sein Vis-à-vis sanft zwingt, sich zu rechtfertigen oder sich zwischen schwarz/weiß-Antworten zu entscheiden. Spalter-Sätze klingen so:
„Da musst Du jetzt schon präzise in Deinen Ausführungen bleiben. Du bist Dir sicher, dass Du dieses Projekt unbedingt willst? Wieso ist Dir egal, wie hoch der Preis dafür ist?“ Oder: „Glaubst Du nicht, dass das eine sehr kurzfristige Sichtweise ist – wenn wir so agieren, könnten wir ordentliche Probleme bekommen, wieso willst Du das unbedingt riskieren?„
Vorsicht Falle: Hast Du es gemerkt? Instinktiv zwingen uns die Spalter in eine Rechtfertigung. Wer jedoch sein Gesicht wahren will und sich rechtfertigt, der hat die verbale Battle gegen diesen Typus schnell verloren. Es ist kein Zufall, dass so mancher Spalter aus seiner investigativen Veranlagung einen Beruf gemacht hat. „Wieso“-Frager sind unter Journalisten und Anwälten einige zu finden.
Der Dampfplauderer
Im Vergleich zum Spalter sind dies keine Klartexter, sondern vielmehr wilde Schwadroneure. Ihre Stimme ist meistens wohlklingend, aber viel zu laut. Schachtelsätze, Nebenanekdoten und Storytelling-Elemente bieten ein üppiges Buffet an sprachlichem Reichtum und inhaltlicher Leere.
Manchmal finden sich unter den Dampfplauderern sogar charmante Schmeichler, die jedoch jedes Kompliment zur Strapaze für die Nerven werden lassen, weil sie peinlich lange huldigen. In Gesellschaft kann es sogar imageschädigend wirken, von einem Dampfplauderer süßelnd und voller Sprachzucker anmoderiert zu werden. Ein klares „ja“ oder „nein“ gibt es bei diesem Typus selten. Alles „hängt davon ab“ oder „kann man so einfach nicht sagen“. Der Dampfplauderer ist ein Relativierer. Ohne Mut zur öffentlichen Positionierung ist er der geborene Opportunist, der die Freunderlwirtschaft hochhält und mit „Eine Hand wäscht die andere“-Mentalität durchs Leben geht. Gerne behält er sich ein Eisen im Feuer und die berühmte Hintertür offen, während er lauthals über ungelegte Eier prahlt. Die Gesprächsanteile und -themen reißt er an sich, schmückt seine Reden bildreich und arbeitet mit Name-Dropping. All das lässt ihn wichtig erscheinen. Seine Alleinunterhalter-Attitüde wird für andere zum Dialogkiller. Es mag erstaunen, aber man kann andere Menschen auch durch Zustimmung vom Gespräch abschneiden. Geschicktes Loben, kräftige Übertreibungen und Smalltalk-Talent werden hier zur Kommunikationssperre und sichern dem Dampfplauderer Redeanteile.
„Was Sie sagen, stimmt und erinnert mich an meine letzte Reise in die Toskana. Ich kann Ihnen sagen bla, bla“ oder: „Völlig richtig, mein Lieber, und ich habe das noch viel Schlimmer erlebt … damals als ich …“
Die „G’schnappige“
Ohne optische Klischees zu bemühen, ist die „G’schnappige“ kaum voll-, sondern eher schmallippig und unentspannt, was selten angenehme Gesprächsatmosphäre garantiert. Die Stimmen dieser Frauen und Männer sind oft viel zu hoch bei ihrer schnippischen täglichen Verwendung.
Es geht ihnen offenbar darum, professionelle Gestresstheit zur Schau zu stellen. Ihr Gesprächsmotto lautet: „Mit mir ist nicht gut Kirschenessen, ich nehme es im Leben peinlich genau“. Dahinter liegt neben Unsicherheit auch häufig eine sehr einfache Herkunft, von der man sich durch alleiniges „Ärmel hochkrempeln“ hinaufgearbeitet hat. Manche haben sich auch wahlweise „gescheit studiert“, woraus sie kein Hehl machen. Überhaupt passt Understatement nicht unbedingt zu ihr, lieber brüskiert die „G’schnappige“ das Gegenüber durch völlig distanzlose Fragen im Oberlehrerton. Ihre pseudo-toughe Art anderen auf den inhaltlichen Zahn zu fühlen wirkt recht ruppig, manchmal sogar unhöflich. Mit Humor kann – besonders Mann – diese „Geh bitte“-Zicke manchmal aus ihrer Inquisitorinnen-Rolle holen. Sie behandelt Rangniedrigere grundsätzlich wenig wertschätzend. Eher wird sie jedem Kellner eine Extrawurst abringen, um sich zu inszenieren. Fast jede Gelegenheit ist recht, um sich kapriziert zu geben. Das Gefühl, dass die „G’schnappige“ „etwas Besseres“ wäre, befällt niemanden – schon allein ihrer Sprache wegen. Stattdessen hält man sie für „etwas überspannt“, was sich an den dauer-angespeisten Mundbewegungen auch deutlich ablesen lässt. Ihr Beschwerde-Modus kann nerven, ebenso ihr körperliches Gezappel und das gezischelte Schnelltexten. Da nützen auch die Prada-Schuhe, falls vorhanden, und die grundsätzlich ansprechende Figur nichts. Die „G’schnappige“ hat Sympathiefaktoren, die gleich neben ihrem Humor im Keller geparkt sind. Vorsicht vor ihren Killerfragen! Die haben es in sich. Stimmt man der „G’schnappigen“ zu, verwendet sie Ihr Zitat ungeniert dort, wo sie es braucht.
Enthalten Sie sich jedoch der Aussage, dann empfindet sie das als illoyal und wird nachbohren. Oft häkelt sie Fangfragen in ihre scheinbar harmlosen Motzereien und geht dabei suggestiv vor: „Geh bitte, finden Sie das hier ein gemütliches Ambiente? Ich meine, wir zahlen 3.000 Euro für den Abend. Da kann sich meine Firma schon etwas anderes erwarten. Na sagen’s, finden Sie das denn gelungen?“ Vorsicht bei der Antwort! Suggestivfragen führen in die Falle: „Das nächste Mal werde ich die Aussendung selbst übernehmen – Frau XY schien damit ja offensichtlich überfordert. Da müssen Sie mir recht geben, stimmt’s?“
Der Verharmloser
Dieser Typ ist Marke ordentlich, brav und farblos. Das Einzige, was ihn nicht zum viel glamouröseren „Wieso“-Spalter werden lässt, ist seine Langeweile. Er ist ein braver Techno- oder Bürokrat, der stets sein eigenes Süppchen kocht und sich gerne mit dem Nimbus umgibt, privat anders und vielschichtiger zu sein, als ihn die Kollegen aus dem Job kennen. Nachdem man das im Geschäftsleben nicht kontrollieren kann, kommt er damit durch. Seine Sprache wirkt unlebendig und bildleer, eines hat er jedoch kultiviert: Er widerspricht, um zu verharmlosen. „Na so arg hab ich das aber gar nicht erlebt.“ Nachdem er selbst wenig inhaltliche Reißer zu berichten weiß, versalzt er wenigstens den anderen – die für die Gesprächsatmosphäre verantwortlich zeichnen – die Buchstabensuppe, indem er relativiert. Er klinkt sich dabei nicht deshalb ins Gespräch ein, um Inhalte voranzutreiben oder ergänzende Bonmots abzugeben, sondern nur um andere Beiträge runterzuspielen und die Fremdperformance mies zu machen. Sein Vorteil: Er tritt dabei grundsätzlich höflich, neutral und objektiv auf und genießt diesen Status sichtlich. In Wahrheit stellt er Kommunikationssperren auf, die andere wieder umschiffen müssen, um das Gespräch erneut in Gang zu bringen.
Der Verharmloser unterbricht alleine deshalb, um Belangloses entgegenzustellen. Er ist der geborene Mittelwegsfanatiker – im Vergleich zur „G’schnappigen“ hat er jedoch sogar selbst für das „Zuwider Sein“ zu wenig Power. Deshalb ist er darauf spezialisiert, Aussagen nicht inhaltlich zu torpedieren, sondern Gespräche zu relativieren.
Gerne korrigiert er und stellt jene Informationsfragen, die weder dem Gesprächsverlauf weiterhelfen noch von allgemeinem Interesse sind. Am liebsten formuliert er No-Na-Aussagen und versorgt andere mit Ratschlägen oder Binsenweisheiten. Von ihm könnten folgende Sätze kommen: „Geh, Du übertreibst wieder. Wir waren auch schon in Südtirol und es hat gar nicht geregnet. Außerdem mein Tipp an Dich: Man kann sich ja auch drinnen erholen.“ Der Verharmloser ist vordergründig selten neugierig und verkauft seine niedrige Betriebstemperatur in Sachen Temperament und Emotionen als reife Gelassenheit. Beim Smalltalk schwächelt er vor lauter Einsilbigkeit: „Ich rede mit meinen Mitarbeitern gar nicht über Privates. Jeder soll tun, was ihn glücklich macht.“
Fazit: Killerphrasen treffen nicht jeden mit der gleichen Wucht. Manche Menschen schaffen es besser uns den letzten Nerv zu ziehen, als andere. Finde heraus, wer Dich auf die Palme bringt! Sind Dir bei den Killerkönigen einige Bekannte eingefallen? Kannst Du Dich auch selbst zuordnen?
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Tatjana Lackner ist eine Meisterin, wenn es um Abwehrtechniken von Killerphrasen und Manöver gegen Manipulationen geht. Sie trainiert seit 30 Jahren und wird für dieses Thema oft gebucht. Erlebe, wie das Gefühl der sprachlichen Ohnmacht weicht und Du die richtige Kontertechnik entwickelst.
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