Felber zwischen Keynes, Marx & Co
Im AHS-Schulbuch für Geografie und Wirtschaftskunde (Veritas), in der Übersicht der Wirtschaftstheorien zwischen Keynes, Marx, Friedman und Hayek findet sich neuerdings auch Christian Felber. Tatjana Lackner traf den sympathischen Tänzer und WU-Lektor, Keynote-Speaker und 14-fachen Buchautor Christian Felber – die beiden hatten viel Freude aneinander. Neben einem heiteren und flotten Diskurs wurde bald klar: menschlich ist die Schnittmenge beider groß, inhaltlich ergaben sich einige Fragen:
Tatjana Lackner: „Fällt Dein Engagement unter das „Robin-Hood-Sydrom“? Den Reichen weniger, den Armen mehr? Das ist dann zum Wohle aller?“
Christian Felber: „Mein Engagement ist wert- und sinnorientiert, liberal und demokratisch. Was das „Gemeinwohl“ ist, kann nur einen demokratischen Prozess ergeben. Für diesen setze ich mich ein. Für mich bedeutet liberal, dass alle gleiche Freiheiten, Rechte und Chancen genießen. Das bedarf wiederum einer Verringerung der Ungleichheit. Derzeit braucht es sicherlich eine Umverteilung von Superreich zur Unterschicht. In einer Gemeinwohl-Ökonomie würden so extreme Klüfte wie heute gar nicht mehr entstehen, weil leistungsgerechter entlohnt würde.“
Tatjana Lackner: „Sollten wir uns nicht lieber konzentrieren auf die Sinnhaftigkeit in unserem SEIN, statt unsere Lebensaufmerksamkeit der Umverteilung im HABEN zu schenken?
Christian Felber: „Du hast völlig recht, das würde uns unter Garantie glücklicher machen. Alle Weisheitsschulen stimmen darin überein, dass es für ein glückliches Leben vergleichsweise wenige materielle Güter zur Abdeckung der Grundbedürfnisse benötigt, aber Reichtum an inneren Werten und Erfahrungen. Schlussendlich sind es Beziehungen, die glücklich machen: die Beziehung zu mir selbst, gelingende Beziehungen zu anderen Menschen, eine tiefe Verbundenheit mit der Natur und das Verbundensein mit dem großen Ganzen.“
Tatjana Lackner: „Bist Du nicht auch Kriegsgewinnler, der gut davon lebt, dass die Welt eben nicht in Ordnung ist?“
Christian Felber: „Ja, ein positiver Nebeneffekt. Immer, wenn das Paradigma sich wechselt, sind jene, die Alternativen anbieten, auch Kriegsgewinnler, die Bücher sind Bestseller. Aber mein Ziel ist ein anderes: Die Entwicklung und Umsetzung von Alternativen: Gemeinwohl-Bank, Gemeinwohl-Ökonomie, direkte Demokratie und Geld als öffentliches Gut.“
Tatjana Lackner: „In vielen politischen Systemen stinkt es und die Welt sieht augenblicklich nicht gesund aus. Warum sind ausgerechnet jene Menschen, die Inhalte großschreiben, optisch und olfaktorisch oftmals selber klein?“
Christian Felber: „Wer nur im Geist lebt und seinen Körper zu wenig achtet der ist „verkopft“. Außerdem sind viele emotional von der Welt verletzt, weil sie nicht so gut und schön ist, wie sie es sich ersehnen. Viele sind nicht ganzheitlich. Das ist die Herausforderung der Zukunft.“
Tatjana Lackner: „Was ist der Unterschied Deiner Botschaften zu jenen der Alt-68er? Viele Deiner Forderungen habe ich von meinen Eltern schon vor 30 Jahren gehört.“
Christian Felber: „Ich weiß nicht, wie universell die Alt-68er waren. Gefühlsmäßig waren sie zwar multithematisch, aber nicht ganzheitlich. Wir hingegen haben nun alles erlebt: wir kennen Kapitalismus und Kommunismus, Religion und Patriachat, Tiefenökologie und Queer-Feminismus. Heute wird nach einer echten Systemalternative gesucht. Nicht nach einzelnen eskapistischen Radikalalternativen, die letztlich kein neues System begründet haben. Das unterscheidet uns von den Alt-68ern.“