Hearings & Assessments

12. Oktober 2022 von Tatjana Lackner, MBA

Castingshows im Business?

Geh vor dem Hearing zum Kommunikations-Profi!

Hearings scheinen die Business-Übersetzung von Castingshows zu sein. Auch ich stelle seit einigen Jahren einen zunehmenden Hype fest, der nicht nur die öffentlichen Ausschreibungen für hohe Ämter betrifft. Warum sich vorbereiten? Nun, neben dem fachlichen Knowhow ist es wohl besonders das verbale Charisma, das in die alles entscheidende Hearing-Runde aufsteigen lässt. Gerade für Führungsfunktionen trauen Juroren Bewerbern mit souveräner Redner-Performance mehr zu. Jene die zögerlich sind, viel herumreden und kein Gesprächsziel verfolgen, haben oft das Nachsehen. Zudem ist ein Hearing immer auch eine enorme Möglichkeit des Selbstmarketings. Das „eigene Label“ zu präsentieren und die Verantwortung dafür zu übernehmen, wie Arbeitsideen und biografische Inhalte transportiert werden, ist durchaus genussvoll. Blender haben es hier nicht zwingend leichter. Manchmal sind die Blender sogar schon anwesend – und zwar in der Hearing-Kommission.

Was sind die häufigsten Ängste der Bewerber?

Immer noch ist die häufigste Frage, die ich täglich in der Praxis erlebe: „Frau Lackner, glauben Sie, ist das Rennen politisch schon gegen mich entschieden?“

Erkenntnis Nummer 1: Ja, wir leben in einer „geschobenen Wirtschaft“, sich jedoch die Sache ganz leicht zu machen in dem man generell behauptet „alles wäre längst politisch entschieden“ ist fad und gestaltungsohnmächtig.

Erkenntnis Nummer 2: Nein, Assessments und Hearings sind auch nicht das Gelbe vom Ei. Sie garantieren ebenso wenig, dass der Beste für den Job gewinnt. – Doch: es kann wirklich jeder Entscheidendes für seine rhetorischen Strategien tun und an seinem Hearing-Auftritt feilen. Wer seine Hausübungen gemacht hat, fühlt sich besser vorbereitet und tritt sicherer auf!

Erkenntnis Nummer 3: Sowohl das politische Personal in unserem Land, als auch das Führungscharisma in unseren Vorstands-Etagen wäre besser, könnten die Menschen flüssig und bildreich sprechen – auf Deutsch und Englisch.

Was können Sie vorher trainieren?

Nach einigen hundert Hearing-Vorbereitungen und einer wirklich guten Hearing-Erfolgsquote kenne ich das Procedere der Assessments sehr gut: Fast immer gilt es eine Eigenpräsentation vorzubereiten. Da ist wichtig, den Bewerbernutzen an die Jury zu transportieren. Also nicht: „Was mache ich, Bewerber, alles ganz super?“ Sondern vielmehr: „Wodurch konkret profitiert das Amt/ die Firma/… im Falle meiner Bestellung?“ Danach wartet der nächste Parcours: eine Kurzpräsentation zu einem vorgegebenen Arbeitsthema. Hier geht es um Lösungsansätze und neue Ideen in Balance mit realistischen Timelines vor dem Hintergrund der augenblicklich vorherrschenden Strukturen in der Branche. Jemand, der das Blaue vom Himmel verspricht, alle Strukturen im neuen Unternehmen niederballern will, bei den Mitarbeitern ob seiner individuellen Personalentwicklung beliebt sein möchte und das alles in nur 2 Jahren – wird in der Praxis scheitern. Fixstarter bei Hearingabläufen ist meistens auch die Runde mit den „schwierigen Fragen“, versteckt in einem Interview. Immer hängt es von der veranstaltenden Assessment-Firma ab, welche Dramaturgie der Arbeitsaufgaben die Bewerber erwartet.

Wie können Sie sich auf das Interview vorbereiten?

Ich selbst bin bei Assessments und Hearings immer wieder in der Kommission. Ich kenne das Spiel also von beiden Seiten. In der Jury kann ich nicht beurteilen, ob Herr Maier ein guter Risiko-Controller ist. Das spielt für meine Bewertung auch keine Rolle. – Meine Aufgabe ist zu beobachten, ob Maier auch ein guter Kommunikator ist, da er als Chief Risk Officer mindestens 30 Mitarbeiter führen soll und das in mehreren Ländern. Meine Kunden profitieren von meiner jahrzehntelangen Hearing-Erfahrung. Wer die größten Business-Killerfragen kennt, kann gelassen und sympathisch reagieren. Viele bestätigen mir oft, dass die gewonnenen Hearings nie so schwer waren, wie die Trainingsstunden bei mir zuvor. Andersrum hätte ich wohl auch was falsch gemacht. Sie räumen aber auch ein, dass dies die beste Vorbereitung für ihren neuen Job war.

Trainieren Sie auch die unangenehmen Fragen!

Finden Sie Antworten:
  • Für welche Eigenschaft sind Sie bisher in Ihrem Leben am häufigsten kritisiert worden?
  • Was war in Ihrem bisherigen Leben die Aufgabe, die am meisten Sinn gestiftet hat?
  • Wären Sie Ihr eigener Coach, was würden Sie sich selbst raten?
  • Was ist Ihr Plan B, wenn Sie im Hearing nicht überzeugen?
  • Was sind Ihre drei Motivatoren, was Ihre größten Stressoren?
  • Ist Führungs-Charisma Ihrer Ansicht nach lernbar? Wo sind diesbezüglich Ihre Lernfelder?
  • Wie gehen Sie mit dem Instrument Delegation um?
  • Für welche Position würden Sie sich in den nächsten Jahren durch die angebotene Aufgabe qualifizieren?
Hier gibt es Tipps für ein gelungenes Bewerbungsgespräch:
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