Modus. Manipulation. Macht.
Modus: In der deutschen Sprache gibt es drei Modi mit denen wir rhetorisch betrachtet allerlei Schabernack treiben können – Indikativ, Konjunktiv und den Imperativ.
Manipulation: Mitarbeiter, Chefs oder Kunden erreicht niemand telepathisch. Immer braucht es Worte, um andere in die Gänge zu bekommen. Auch wir selbst lassen uns von gelungenen und logischen Ausführungen überzeugen. Jeder ist dabei schon mal einer Manipulation zum Opfer gefallen. Die Werbung zückt verschiedene Verführungsstrategie und beeinflusst unsere Handlungen.
Macht: Wer von anderen Menschen gehört wird hat mehr Wirkkraft und schafft sich damit bessere Gestaltungsräume. Kann er oder sie das gewonnen Terrain jedoch auch tatkräftig bespielen? Viele werden zwar “nach oben” protegiert, doch manche verlieren den geliehenen Einfluss und verschwinden schnell wieder in der Versenkung.
Macht hat schließlich viel zu tun mit machen. Ebenso, wie das heute immer noch gefragte Substantiv aus dem 17. Jahrhundert “Erfolg” – es hat viel zu tun mit erfolgen (ehemals: geschehen lassen). Wie kraftvoll die Mischung der Aussageformen Indikativ und Imperativ sein kann, erkennt der literarisch gebildete Leser bereits im Prolog von Goethes Faust: “Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn!”
1. Der Indikativ
Mit dieser Aussageform stellen wir die Wirklichkeit dar. Das Magazin “Hohe Luft”1 befasst sich in einen lesenswerten Artikel mit dem rhetorischen Kniff des “normativen Indikatives”. Alexander Van der Bellen wird anlässlich des Ibiza-Videos zitiert, als er 2019 das Sittenbild des damaligen Vizekanzlers Strache und seiner Konsorten mit den Worten kommentierte: “So ist Österreich nicht.” Doch leider genau so zeigte sich die Alpenrepublik in diesem Fall, aber auch in der BVT-Affäre, dem KH-Nord Skandal, der Novomatik-Führungsbesetzung und bei vielen anderen Gelegenheiten.
“Die Würde des Menschen ist unantastbar” – viele Gesetzestexte, aber auch die Bibel und andere heilige Schriften aus den verschiedenen Weltreligionen sind voll von normativen Indikativen. Sie stellen Behauptungen auf und erheben damit Ansichten zur Maxime: “Der Mensch lebt nicht von Brot allein”, “Der Mann ist das Oberhaupt der Familie”. Diese normative Grammatik will festlegen und Sachverhalte in Stein meißeln.
Die Werbung hat dies Satzbauweise längst für sich entdeckt: “Jetzt schnell sein lohnt sich!” Dabei helfen Wörter, wie “man”, “soll” und “ist”.
Selbst moralisch integre Menschen lassen sich vom “normativen Indikativ” blenden und begehen dann doch eine Notlüge oder schlagen eine fragwürdige Gangart ein, denn hey: “Der Zweck heiligt die Mittel”.
2. Der Konjunktiv
Die Möglichkeitsform ist besonders dann rhetorisch wirksam, wenn man etwas in Aussicht stellt, was gar nicht überprüfbar ist: “Wäre ich Du, ich würde das Geld nehmen und kündigen”. Ob der Ratschlag gebende Freund dann wirklich die Abfertigung und nicht die sichere Anstellung wählen würde, wissen wir nicht. Häufig wird mit dem Konjunktiv moralisierend und äußerst tendenziös operiert: “Hättest Du mich wenigstens angerufen, dann könnte wir uns heute den Streit ersparen.” Die Wahrheit ist, dass die Ehefrau nach dem Kneipenabend auf jeden Fall verschnupft gewesen wäre – egal, ob er sich um Mitternacht gemeldet hätte oder nicht.
Viele Selbstvorwürfe oder Kritik an anderen bilden wir mit dem Konjunktiv: “Wenn wir schneller gearbeitet hätten, dann wäre es sich bestimmt noch ausgegangen.” Manchmal haben wir damit recht, oft tröstet uns aber auch die Vorstellung eine Wahl gehabt zu haben: “Wäre er doch fünf Minuten früher gefahren, dann hätte ihn der LKW nicht erwischt.”
3. Der Imperativ
Die Befehlsform spielt in unserem Miteinander schon alleine deshalb eine große Rolle, weil sich niemand etwas anschaffen lassen möchte. In der Werbung und in Newslettern begegnet uns der Imperativ immer noch ganz häufig: “Such’ nicht viel, nimm Persil!” oder “Lesen Sie hier weiter!”
Imperative klopfen uns auf die Schulter und bewegen manche zu Handlung oder eben zum Kaufen. TV-Shoppingsender, Einkaufsradios und Bannerwerbung brüllen ganz schön herum: “Greif zu!”, “Spare 30%!”, “Gönn’ Dir mal eine Pause!”, “Bewirb Dich jetzt!” oder “Tu Dir heute was Gutes!”
Im Englischen klingt diese Form zu werben weniger aufdringlich und weicher als im Deutschen. Chevrolet beispielsweise forderte seine Kunden auf: “Find new roads!” Realher bewarb eine Eyeshadow-Palette mit der Aufforderung: “Feel beautiful!”
Deutsche Konsumenten reagieren recht unterschiedlich auf “gut gemeinte” Befehle. Einige werden bockig und kaufen extra nichts und bei anderen führt dieser verbale Schubs schlussendlich an die Kassa.
Fazit: Egal, ob wir den “normativen Indikativ” verwenden oder bewusst einen gut gemeinten Imperativ einsetzen. Selbst mit einem vordergründig vagen Konjunktiv lassen sich Menschen beeinflussen. Die drei Aussageformen helfen unserer Rhetorik auch grammatikalisch auf die Sprünge.