Pausen in der Sprache

16. Juni 2018 von Tatjana Lackner, MBA

Hitchcock: Was wir von ihm lernen?

Jede Anspannung braucht Entspannung. Alfred Hitchcock war Meister der richtig gesetzten Pause. Seine klassischen drei Stilmittel: „Surprise“, „Suspense“ und „Mysterie“ wurden stets von gelungen gesetzten Pausen eingeleitet. Diese „Tension-Methode“ arbeitet mit der Verzögerungstaktik und baut dadurch Spannung auf. Auch für Präsentationen ist das eine gelungene und erprobte Einsatzmöglichkeit.

Verbales Charisma ist Trumpf!

Im Zeitalter der Medien nehmen wirkungsvolle Dramaturgie, richtige Aussprache, solide Stimmkompetenz und professionelle Modulation der freien Rede einen hohen Stellenwert ein. Monotone Sprechweise vermag kaum zu begeistern. Sprache ist Ausdruck unserer Persönlichkeit!

Gute Rhetorik findet jedoch zwischen den Zeilen statt – dort, wo praktisch nichts passiert. Pausen bauen Spannung auf und geben unserer Sprache den nötigen Raum. In der heute völlig überreizten Welt sind Ruhe und Gelassenheit der wahre Luxus. Charismatische Redner beherrschen die Rededramaturgie und setzen Pausen wohldosiert ein.

Wann ist eine Pause richtig eingesetzt?

Nachsatzpausen geben Gelegenheit das Gehörte zu verarbeiten und kurz darüber nachzudenken. – Wie der Absatz beim Briefwechsel. Sie bauen aber gleichzeitig auch Spannung auf für das, was danach folgt. Deshalb sind sie dramaturgisch ganz relevante Stilmittel. Pausen sind jedoch vor allem Nervensache! Es kostet Nerven vor dem Auditorium gelassen zu bleiben und Pausen zu setzen, will man die Sache doch schnell hinter sich bringen – ohne hörbaren „Hänger“.

Wann ist die Pause falsch eingesetzt?

Kunstpausen sind eine heikle Sache, denn sie entstehen nicht aus dem natürlichen Redefluss, sondern sie werden bewusst gesetzt. Diese Momente – in denen scheinbar nichts passiert – dürfen jedoch nicht der Gefallsucht des Orators (Redners) dienen. Sie helfen vielmehr dem Zuhörer Bilder im Kopf zu produzieren. Jemand, der sich hörbar beim Reden genießt, in dem er bedeutungsschwangere Leerläufe etabliert, hilft seiner Performance nicht. Auch die Pausen, die bei Redestörungen eingesetzt werden sind peinlich und wenig beziehungsbindend.

Fazit: Logorrhö und Sprechdurchfall sind ebenso wenig mitreißend, wie sprachliche Verstopfung durch zu lange rhetorische Interrupti!

Wie durch Pausen ein Gespräch lenken?

Unterschieden werden Atemzäsuren zur körperlichen Regeneration des Redners, in denen das Zwerchfell reflektorisch in den Körper zurück federn kann und „abgespannt“ wird. Durch unterschiedlich gesetzte Sinnpausen kann sogar der Aussageinhalt verändert werden. Selbst Moderatoren von „seriösen Sendungen“, die scheinbar objektiv berichten, setzen diese Technik ein, um Zuseher zu beeinflussen. Gerd Bacher (ehem. ORF Intendant) nannte dies „tendenziöse Berichterstattung“.

Beispiele guter Pausen beim Sprechen:

Markus sagt / Thomas ist ein Esel.

Markus / sagt Thomas / ist ein Esel.

Ich begnadige / nicht töten!

Ich begnadige nicht / töten!

Wenn in einem Nachrichtenmagazin beispielsweise viele Daten, Fakten und Zahlen neben rascher Informationsabfolge und eingeblendeten Grafiken auf den Rezipienten einwirken – merkt dieser nicht mehr, ob er durch kleine Sinnpausen in eine bestimmte Denkrichtung gelenkt wird.

Hetzten Sie nicht durch ein Gespräch!

Menschen, die schneller reden, als andere denken können, sind für viele überfordernd. Schnelltexter, die ohne Punkt und Pause sprechen – werden ihr Publikum kaum gewinnen und auch nicht stundenlang in ihren Bann ziehen, sondern Zuhörer rasch ermüden. Pausen bieten dem Redner die Chance vorzudenken und dem Publikum zeitgleich die Gelegenheit nachzudenken.

Wer sich nicht hetzen lässt, wirkt automatisch kompetenter und gelassener. Hinter enorm hohem Redetempo steckt häufig auch die Angst nicht bis zum Ende gehört zu werden – das kostet Imagepunkte. Wer sich dagegen Zeit lässt für angenehme Modulation und nötige Sinnbetonung hat dramaturgisch die Nase vorne. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Die spannungsgeladene Pause bringt Struktur in jeden Vortrag und Leben in Moderationen. Weiterer Vorteil: nach jeder Denkpause ist auch der Rededuktus wieder frischer.

Tipp: Stellen Sie sich einen schwerhörigen Großvater neben sich vor, der Sie bei jedem Satz imaginär fragt:

„Was hast Du  gesagt?“

Jeder Satz hat einen klaren Aussage-Höhepunkt und genau bei diesen Keywords bieten sich Betonungsmöglichkeiten an. Spätestens nach thematischen Blöcken oder vor Beispielen und sprachlichen Bildern braucht Ihr Publikum Zeit, gedanklich Luft zu holen, um die Inhalte zu verdauen.

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