Worte und Taten sind Waffen

7. Juni 2018 von Tatjana Lackner, MBA

Es ist ein gemeiner Schmerz, wenn uns die Kehle zugeschnürt wird und wir kaum noch Luft bekommen, während es im Ego sticht. Manche Menschen werden durch Kränkungen, die über einen längeren Zeitraum stattfinden, tatsächlich krank.

Die klassischen sieben Auslöser sind:

1. Gesichtsverlust

Durch Taten oder Worte initiiert, fühlen wir uns ungerecht oder falsch behandelt. Beispiel: Eine Mitarbeiterin hat sich bereits auf die bevorstehende Dienstreise gefreut und vorbereitet. Es ist ihre erste und sie hat sich für das Come-Together der neuen Sales-Crew sogar einen chicen dunkelblauen Hosenanzug gekauft. Nun wartet sie noch auf die Flugtickets und fragt deshalb lieber in der Buchungsabteilung nach. Dort erfährt sie: „Frau Karal, wir haben die Tickets auf ihre Kollegin ausgestellt nach dem Mail letzten Freitag vom Chef.“ Frau Karal fällt aus allen Wolken und ruft beim Chef an, der erklärt lapidar. „Ja, das wurde in letzter Minute umentschieden. Wer uns bei den Kollegen im Außendienst vertritt, ist doch egal, Hauptsache ein Repräsentant ist vor Ort und ihre Kollegin eignet sich hierfür gut.“

2. Statuskampf

Sobald Menschen zusammenkommen, geht das Vergleichen los. Wer hat das bessere Leben, das vollere Konto, die erfolgreicheren Kinder, das leichtere Schicksal? Dabei geht es recht häufig nur ums „Haben“ (Geld haben, eine Yacht haben, Einfluss haben) und seltener ums „Sein“ (gebildet sein, sich mit Kunst auskennen, kultiviert oder gesund sein). Aspekte des Habens sind schließlich leichter zu vermessen. Geld ist dafür eine entscheidende Größe. Was hat das Haus vom Kollegen gekostet? Wie viele Kinder hat der andere? Wie viel Budget hat der Kollege und wie viele Mitarbeiter sind ihm unterstellt? Sogar auf der Zeile hört man diese Statuskämpfe immer wieder. Manchmal klingen sie, wie Prahlereien aus dem Kindergarten: „Na gut, da habe ich in meinem letzten Job schon mehr Budget verwaltet als Du.“ „Das mag sein, aber Du führst heute in direkter Linie nur drei Mitarbeiter, während an mich 12 reporten.“

3. Wunder Punkt

Wer auf den „wunden Punkt“ des andere zielt, der trifft häufig dessen seelische oder körperliche Schwachstelle. Simone weiß, dass sie kein makelloses Gebiss hat. Sie bekam schon als Kind eine Zahnspange. Mit den Jahren wurde ihre Zahnstellung dann wieder unregelmäßig. Heute Abend will sie ganz besonders hübsch aussehen, es ist schließlich ihr Geburtstag. Sie trägt ein schönes langes Kleid, tolles Make-Up und einen dunkelroten Lippenstift. Ihr Mann ist begeistert. Unter den Gästen befindet sich auch Simones missgünstige Schwägerin: „Hübsch, hübsch liebes Geburtstagskind. Nur der Lippenstift tut Dir wirklich keinen Gefallen, der lässt Deine Zähne gelb aussehen.“ Simones hat sich an diesem Abend gekränkt und ihr „Kinder-Ich“ wurde verletzt.

4. Gruppendruck

Auf andere Menschen Druck auszuüben, in dem man Stimmung macht und das Team gegen einzelne mobilisiert, führt zu Mobbing: „Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich finde Du, Clemens, solltest dich bei uns entschuldigen.“

Grundsätzlich ist es naheliegend, sich durch Mehrheiten im Raum auch größeren Einfluss zu verschaffen. Lobbying und Parlamentsarbeit beispielsweise, bauen auf diesem Mechanismus auf und auch bei Gericht sollten die Geschworenen einheitlich entscheiden. Die Gratwanderung zwischen sinnvolle Mehrheitsentscheidungen herbei zu führen und auf der anderen Seite Gruppendruck einzelnen gegenüber ausüben, ist schmal.

5. „Wenn-/Dann“ – Schere

Das „entweder/oder“ – Spielchen kommt in der Erziehung immer wieder zum Einsatz. „Entweder Du machst jetzt Deine Hausaufgaben oder wir können nachher eben nicht mehr ins Schwimmbad gehen.“ Ebenso verhält es sich mit Sätzen, wie: „Wenn Sie heute keine Überstunden machen, dann werde ich beim nächsten Urlaubsgesuch auch nicht mehr so kulant sein.“ Zahnlos hingegen ist die subkutane Drohung – sobald der „Wenn-Satzteil“ inhaltlich stärker wiegt, als die „Dann-Konsequenz“: „Wenn Du jetzt nicht bald mit der Wahrheit rausrückst, dann weiß ich auch nicht.“ Oje, hier geht der Konsequenz die Puste aus.

Auch durch diese sanfte Form der Erpressung fühlen sich Menschen in die Enge getrieben und sie reagieren dann beleidigt. Zum einen wollen sie sich nicht bevormunden lassen und zum anderen schmeckt ihnen die in Aussicht gestellte „Quid pro quo-Taktik“ (lat. dies für das) nicht.

Fazit: Im Kreislauf der Kränkung verhalten sich Menschen in der Live-Situation höchst unterschiedlich. Es ist wichtig, erst einmal zu ergründen, ob man selbst immer schnippisch, aggressiv oder rechtfertigend reagiert oder sogar völlig verstummt. Nur wenigen gelingt es, über den Schatten des verletzten Egos zu springen und die situative Gemeinheit humorig aufzulösen. In vielen Fällen bleibt ein schaler Nachgeschmack, der bei sensibleren Wesen aufs Gemüt schlägt.

Ich arbeite seit 25 Jahren mit Stimmen und analysiere das Sprachmuster von Menschen. Bei einigen fällt schnell auf, dass sie tiefsitzende Kränkungen mit sich herumtragen, diese sind bereits deutlich in ihrem Rededuktus hörbar.

Klare Anzeichen dafür sind:

Vorauseilende Rechtfertigungen: „Ich sag das jetzt nur, weil …“ sich selbst ins Wortfallen und Gedanken bewerten: „Wir sollten bei diesem Projekt. Was heißt sollten, wir müssen sogar… Nicht wie im März. Blödsinn, Februar meine ich natürlich …“

All das können Reste einer nicht aufgelösten Kränkung sein. Wer gerade eine Scheidung hinter sich gebracht hat oder sich täglich mit Pubertierenden zuhause „batteln“ muss, dem hört man die Anstrengung an. Kränkungen stärken uns nicht. Sie vergiften die Kommunikation und führen zu Reizthemen. In fast jeder Liebesbeziehung finden sich Altlasten, verborgene Giftfässer oder thematische Minenfelder, auf die man im Gespräch besser nicht tritt.

Coachingtipp:

Selbstreflektion aktuell hilft!

Worüber kränken Sie sich? Geht es dabei um den Job? Oder eher um Ihr Lebensdesign? Wer hat Sie in Ihrem Leben am häufigsten verletzt?

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