Tatjana’s Blog

22. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA

Ein Podcast-Interview mit Christian Mikunda hat mich kürzlich wieder an die sieben Todsünden erinnert, denen die sieben Hochgefühle gegenüber stehen. Wir alle haben gute und schlechte Eigenschaften. Nicht jede üble wird dabei zur Todsünde, aber jedes Persönlichkeitsmerkmal hat immer zwei Seiten.

TodsündenHochgefühleman sagtBeispiele
1. HochmutGloryich binKim Kardashian
2. VöllereiJoyich braucheReiner Calmund
3. GierDesireich muss habenDani Katzenberger
4. WollustIntensityich liebeJochen Schweitzer
5. NeidBravourich kannRobin Hood
6. ZornPower ich macheDieter Bohlen
7. TrägheitChillich sollteHermes Phettberg

1. Hochmut kommt vor dem Fall

Wer beispielsweise das Erhabene (Glory) übertreibt und sich selbst auf einen Sockel stellt, der wirkt hochmütig. Zwischen gutem social unrestund schlechter Selbstdarstellung liegt oft nur ein schmaler Grat. Kim Kardashian und ihr Tross sind wohlgeformte Beispiele dafür. Ihre jüngere Stiefschwester Kylie Jenner erntete regelrecht einen Shitstorm, weil sie sich vor ihrem gesamten Autofuhrpark auf Instagram postete und der ist bekanntlich nicht klein. Bei den Geissens-Töchtern hagelte es ebenfalls aus ähnlichen Gründen Kritik. Mit übertriebenem Narzissmus dieser Art macht man sich auch als junge Selfmade Milliardärin wenig Freunde.

Bewerber, die schon beim Platz für das Praktikum signalisieren, dass sie sich dafür eigentlich zu gut sind und für Höheres berufen fühlen, überzeugen nicht. Wenn sie andere, dann auch noch von oben herab behandeln, dann werden sie bald spüren, warum falscher Stolz einsam macht. An “Ich-ling-Sätzen” kann man arrogante Menschen erkennen. Sie reden gerne gut über sich und noch lieber schlecht über andere. Ständig bieten sie ihrer Umwelt Gebrauchsanweisungen an, wie man mit ihnen umzugehen hat: “Nein, mich bekommst Du morgens nicht ohne Kaffee aus dem Bett …“, “ich bin jemand, der …“, “… ohne arrogant wirken zu wollen, weiß ich von mir …“, “Ich möchte mich nicht mit denen vergleichen, aber ich bin halt schon besser in …“.

Mich wundert, dass Rache nicht auch zu den Todsünden im Katechismus der katholischen Kirche gezählt wurde, denn genau dieses süße Gefühl schüren Hochmütige bei anderen. Niemand klatscht schließlich Beifall, wenn Arroganzler langfristig mit ihrer überheblichen Masche durchkommen.

2. Völlerei: sich der Entsagung enthalten

Solange Joy regiert und nicht die Völlerei ist alles in Ordnung. Unappetitliche Reality-Dokus, wie “Mein Leben mit 300kg” zeigen uns die kranke Hälfte der Medaille. Reiner Calmund zum Beispiel trat einst mit seinem Buch „Eine Kalorie kommt selten allein“ die Flucht nach vorne an und erklärte, wie Essen bei ihm zur Völlerei wurde.

Seit den 1980er Jahren sterben weltweit laut Experten mehr Menschen an den Folgen von zu viel Nahrung als an Hunger. Adipositas ist häufig das Tor zur Epidemie der 21. Jahrhunderts: Diabetes.

Was beim Essverhalten die Völlerei, das sind in der Kommunikation die Vielredner. In meinem Buch “Rede-Diät” habe ich bereits schon 2004 darauf hingewiesen, dass Sprache und Ernährung vieles gemeinsam haben: Die Menschen reden zu viel, zu fett und zu wahllos. Dabei scheinen manche zu vergessen, dass Redezeit auch Lebenszeit bedeutet. Noch immer dauern unsere Meetings zu lange – gemessen am Output. Bei Cocktails und Empfängen habe ich schon Dampfplauderer kennengelernt, die grundsätzlich bescheidene Menschen waren, aber mit Worten haben sie gerne geprasst. Manche reden aus Unsicherheit mehr, als für sie und ihre Umgebung gut ist. Langweilige Schwafler darfst du ruhig unterbrechen und mit investigativen Fragen das Gesprächsthema steuern. Du selbst solltest jedoch auch deinen eigenen Sprachspeck kontrollieren.

Ab in den Papierkorb:

  • Relativierende Füllwörter (eigentlich, definitiv, irgendwie, ein bisschen, …),
  • inflationäre Phrasen (“am Ende des Tages”, “sag ich einmal”, …),
  • inhaltliche Redundanzen (“… und ich sage noch einmal …“) und
  • welke Analogien (“Wir müssen die PS auf die Straße bringen.”).

3. Gier wird zur Glücksbremse

Wünsche und Ziele haben wir alle. Von einem der erfolgreichsten Jockeys aller Zeiten, Willie Shoemaker, stammt das Credo: “Desire is the most important fact in the success of any athelete.”

Wer jedoch Wünsche zur Gier werden lässt, der macht sich und andere unglücklich. 50 Billionen Euro – das ist der Wert aller Waren, die Menschen weltweit pro Jahr kaufen und verkaufen. Wenn man bedenkt, was dem gegenüber im Buddhismus als Gift bezeichnet wird, dann sind wir schnell bei Gier, Hass und Verblendung. – Alles Probleme unserer Zeit auch im Westen. Hinter Gier steckt laut der fernöstlichen Überzeugung: Unsicherheit. Menschen häufen Besitz an und kompensieren die innere Leere mit “Objekten im Außen”. Ständig wollen sie etwas anschaffen oder wenigstens davon reden. “Ich will unbedingt zu dieser Location…” “Ich muss diese neue Tasche haben.” “Wir müssen als nächstes nach Mauritius fliegen.”

Leuchtendes Beispiel für diese Rubrik ist die Kultblondine Daniela Katzenberger, die mit folgenden Aussprüchen Furore machte: „In meinem Körper steckt mehr Geld als auf meinem Bankkonto.“ Oder: “Ich hab’ ein Dirndl anprobiert, das sollte 2500 Euro kosten. Unglaublich, da krieg ich ja eine Brust für!”

Menschen, die so stark im “Haben” leben, sind Getriebene ihrer eigenen Gier und spüren nicht, dass jeder neue Kassenbon sie noch weiter von sich selbst entfernt.

4. Sind Wollust und Leidenschaft stärker als die Moral, dann schwächelt der Charakter

Wollust und Erotik sind körperliche Empfindungen und heute ein Milliardengeschäft. Plattformkapitalismus von Tinder über Seitensprung-Portale bis hin zur arrangierten Geilheit – vieles findet sich digital und trifft einander analog.

Sinnlichkeit gibt es auch bei Verbalerotikern. Sie spielen mit Stimmungen und verführen andere. Gerne wird dabei manipuliert. Manchem Verkäufer geht es gar nicht um den Geschäftsabschluss alleine, als vielmehr darum, Macht über den anderen auszuüben.

Wie vielen Kunden wurden beim Erwerb einer mittelmäßigen Wohnung auf diese Art die Sinne vernebelt, dass sie ihren Kauf sogar für ein Schnäppchen hielten. Die Kunst der Verführung funktioniert in Wort und Tat.

Für die einen war der Gründer des Magazins “Playboy”, Hugh Hefner, 1953 ein Sugar Daddy und Förderer junger Mädchen. Für die anderen war er ein von Wollust getriebener Mädchenhändler, der viele Kindfrauen im eigenen Schlafzimmer “getestet” hat. Das hat er nicht telepathisch erreicht; Wollust und Worte hängen demnach eng zusammen und können jeden zur Ware reduzieren. Wenn Menschen zu Objekten verkommen, dann klingen Komplimente selbstsüchtig und wenig schmeichelhaft: “Ich liebe es meine Zeit mit Dir zu verbringen. Deine Jugend gibt mir das Gefühl wieder lebendig zu sein.” Manchmal sind an Manipulationen sogar emotionale Erpressungen geknüpft: “Wenn Du mich wirklich liebst, dann …“

Das Hochgefühl “Intensity” ist nicht weniger ertragreich, als die Todsünde “Wollust”. Jochen Schweizer beispielsweise hat auf dieser Emotion sogar ein 108 Millionen Euro schweres Geschäft aufgebaut. Mittlerweile hat er sein Unternehmen, das mit Erlebnis-Gutscheinen handelte, an Mydays und damit an ProSiebenSat.1 verkauft.

5. Neid – die grüne Kröte der Kommunikation

Schon in der Antike versuchte man durch Opfergaben, Neid und Zorn der Götter abzuwenden. Die gesamte Weltliteratur ist voll von Gier, Eifer- und Habsucht.

Laut führenden Entwicklungspsychologen entsteht Neid in uns erst ab dem Alter von zwei Jahren, wenn wir ein Ich-Bewusstsein etabliert haben. Diese üble Charaktereigenschaft verbreitet sich dann wie ein Virus, was sich am Begriff „Neidgesellschaft“ ablesen lässt. Kulturelle Unterschiede sind erkennbar: Wer es dank seiner Arbeit und Anstrengungen in Amerika zu etwas bringt, wird herzlicher und begeisterter angefeuert als im deutschen Sprachraum. Bei uns versteckt man seinen Besitz lieber und fällt am besten so wenig wie möglich auf. Wer sich dennoch exponiert, der muss mit gesellschaftlichem Mobbing zurechtkommen – und das beginnt häufig in der eigenen Familie.

Ganz anders scheint es beim Neid der Besitzlosen zu sein. Soziale Verlierer fühlen sich moralisch sogar im Recht, etwas gegen „die da oben“ zu unternehmen. Managern ihre Gehälter, Boni und Remunerationen zu missgönnen, ist öffentlich akzeptiert – hier wirkt das „Robin-Hood-Syndrom“ und damit Bravour. Man empfindet es als ungerecht, dass „Menschen, die Stroh im Kopf haben, auch noch Geld wie Heu besitzen“.

Spätestens seit der industriellen Revolution sind wir zu höchst kompetitiven Wesen geworden. Hat der Nachbar das größere Haus, die Kollegin ein volleres Konto, erfolgreichere Kinder oder ein leichteres Schicksal? Wir sind neidisch, weil wir annehmen, dass andere aus ihren Vorteilen eine Befriedigung ziehen, die uns selbst verwehrt bleibt. Missgunst empfinden wir zudem immer stärker den Menschen gegenüber, die uns ähnlich scheinen. Klassentreffen sind ein guter Nährboden für solche Vergleichskämpfe. Niemand käme auf die Idee, neidisch auf die Strahlkraft, Bekanntheit oder Gelassenheit des Dalai-Lamas zu sein. Er existiert nicht in unserem Erlebnishorizont. Der verhasste Kollege aus der Nachbarabteilung hingegen schon.

Warum ist Neid für die Kommunikation so relevant? Viele Killerphrasen und bissige Argumente werden vorgeschützt, warum jemand seinen Erfolg nicht verdient hat. „Bei ihren Beziehungen ist es leicht Karriere zu machen.“ Wer in seiner Außenwirkung sichtbar positiv bilanziert, wird schnell als oberflächlich oder skrupellos abgestempelt. Wie sonst ließe sich die beneidenswert privilegierte Situation rechtfertigen? Bei dem reichen Elternhaus? Der Eliteschule? Alles kein Wunder.

Irrtum! Der mutmaßliche Geburtsvorteil mancher Promikinder hat sich oft als Nachteil entpuppt. Der Fortpflanz von beispielsweise Elvis Presley oder Michael Douglas zu sein hat nicht wirklich geholfen, um Karriere zu machen.

Druck gibt es nicht nur für sozial Schwächere und Neider nicht nur unter Armen. Während er über das Glück der anderen trauert, wird der Neidhammel selbst selten glücklich.

6. Zorn macht Schwache stark

Wut, Raserei und Hass sind häufig Zeichen mangelnder Liebe. Es ist schwierig fehlende Liebe nachträglich zu kompensieren. Die Negativspirale zieht Menschen schnell nach unten und bei der kleinsten Gelegenheit werden sie dann zornig. Mit Worten verletzt ein Choleriker als erstes. Er wird untergriffig, laut, persönlich und schäumt vor Wut: “Während ich hier für alle arbeite, stehen Sie nur dumm in der Gegend herum.” oder “Ich bin offenbar der einzige, der hier etwas leistet. Wie kann man nur so bocklos sein, ihr blökenden Hammeln?”

Einer, der mit seinen zynischen Aussprüchen einst Fernsehgeschichte geschrieben hat, ist Dieter Bohlen. Ein wahrer Machertyp, dem die Power selbst wenige Jahre vor dem 70. Geburtstag noch nicht ausging. Laut Medienberichten wurde sein Vermögen auf 135 Millionen Euro geschätzt und dabei ist er bis zu seinem Ausstieg bei der RTL-Castingshow DSDS jährlich um 10 Millionen reicher.

„Deine Stimme klingt ätzend! Ätzend für ’nen Kloreiniger ist geil, ätzend für ’ne Stimme ist scheiße.“ Verbalinjurien dieser Art pflasterten seinen Weg. Zu Beginn der TV-Jurorentätigkeit wurde er in der Presse noch zerfetzt. Vor seinem Ausstieg erhielt er böse Meldungen, wenn er zu wenig brüskierte. Obgleich er den Sager anders gemeint hat, gilt er wohl auch für ihn: „Da ist die Frage: Wo hört der Gesang auf und wo fängt die Straftat an?“ Bohlen hat seine ungeschliffene Schnauze 2002 mit DSDS als TV-Juror zum Kult erhoben und trieb alleine mit seinen Sprüchen bis 2021 die Einschaltquoten im Durchschnitt auf beachtliche 3.780.000 Zuschauer hoch.

7. Trägheit entehrt uns

Rein physikalisch betrachtet wird das Trägheitsgesetz, das von Isaac Newton 1687 entdeckt wurde, so definiert: “Ein Körper bleibt in Ruhe oder in gleichförmiger geradliniger Bewegung, solange die Summe der auf ihn wirkenden Kräfte null ist.” Wenn jemand also nicht motivierbar (lat. movere = bewegen) ist und antriebslos vor sich hin vegetiert, dann sind Prokrastination und Sinnleere die logische Folge.

Chronische Unterforderung kann sogar krank machen. Lieber verwenden die von Faulheit Geplagten den Konjunktiv, da sie “nur in Aussicht” stellen “irgendwann mal“ mehr zu arbeiten, es aber gar nicht konkret vorhaben: “Ich sollte demnächst einmal aufräumen” oder “man könnte sich dort informieren” klingt noch nicht nach dem großen Plan. Trägheit kann man sich angewöhnen und sie wird leider auch hörbar: Mundfaulheit, wenig in die Tiefe ventilierte Gedanken und platte Stehsätze zeugen von gedanklicher Negligenz.

Selten gibt es blitzgescheite Menschen, die von der Trägheit gezeichnet sind. Wahrscheinlich galt einst deshalb im österreichischen Privatfernsehen Hermes Phettberg, schräger Talk-Master, als bizarre Entdeckung. Seine eigenen Worte bringen seinen Zustand wohl am besten auf den Punkt: “Mein Dasein ist absichtslos. Ich schlitterte ins Leben und fand mich vor. Mein Körper hat sich lange unnütz gefühlt, niemand begehrte ihn. Da haben wir aufgehört, uns zu waschen.”

Die positive Seite ist Gleichmut oder Chill. Natürlich hat es auch Vorteile, wenn man sich nicht von allem sofort auf die Palme bringen lässt. Viele Menschen verwechseln Phlegma jedoch mit Souveränität oder Resilienz und genau dann wird es gefährlich.

Eine Führungskraft beispielsweise, die lieber dem Mitarbeiter zuhört, der “runterkocht”, wovor alle im Team warnen: “Geh bitte, das ist kein Problem Chef. Da haben wir wirklich schon schwierigere Fälle gelöst. Das wird sich schon ausgehen.” Nein, wird es nicht! Warum? “Chiller” können Distanzen und lauernde Gefahren selten gut einschätzen, weil sie recht energielos und gleichgültig an “wird schon alles gut gehen” glauben.

Nihilist, Naturwissenschaftler, Gläubiger, Denker oder Moralist ist, die sieben Todsünden standen einst für negative Archetypen. Viele literarische Urbilder spielen mit ihnen: “Schneewittchen” beispielsweise wurde aus Neid und Eifersucht ihrer bösen Stiefmutter fast um die Ecke gebracht. “Die Leiden des jungen Werthers” waren süß und ebenso von Wollust geleitet, wie die pornografischen Werke von Marquis de Sade. Thomas Mann hat 1901 in seinen “Buddenbrooks” Gier, Hochmut und Geltungsbedürfnis ebenso beschrieben, wie 1307 Dante Alighieri in der “Göttlichen Komödie”. Ein Loblied auf den Müßiggang findet sich sowohl bei Georg Büchner (“Leonce und Lena”), aber auch bei Friedrich Schlegel (“Lucinde”).

Im 21. Jahrhundert könnte man das Gefühl bekommen, dass die sündigen Themen mittlerweile zu Tugenden geworden sind.

Wahrscheinlich hat deshalb Mahatma Gandhi die sieben Todsünden der modernen Welt für seinen Enkelsohn Mohandas 1947 neu definiert:

  • Reichtum ohne Arbeit
  • Genuss ohne Gewissen
  • Wissen ohne Charakter
  • Geschäft ohne Moral
  • Wissenschaft ohne Menschlichkeit
  • Religion ohne Opferbereitschaft
  • Politik ohne Prinzipien

Fazit: Moral bleibt offenbar eine Frage der Balance zwischen den Extremen.

Themen: NeidKommunikationHochmutTrägheitGierZornTodsündenVöllereiWollust
16. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA
Wie sieht sie auf einige große Themen des Jahres zurück? Und wie blickt sie der letzten „Wetten, dass ..?“-Sendung von Thomas Gottschalk am 25. November entgegen? Darüber spricht Politik- und Gesellschaftsexpertin Tatjana Lackner mit Radio-Orange-Moderator Paul Peter Buchacher.

SoundCloud: November 2023

16. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA
Aus den USA hören wir die Lawine herandonnern: "Voice over Commerce" (VoC) ist da schon ein großes Thema. In dieser Folge geht es um die diesbezüglichen Chancen und Gefahren.
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15. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA

Vieles auf unserer Welt verläuft zyklisch. Ebbe und Flut, die Zellenbildung, manche Aktien, ja sogar tropische Wirbelstürme. In den letzten 30 Jahren, in denen ich Menschen in Bezug auf ihre Kommunikation beobachte, fällt mir auf, dass zu bestimmten Jahreszeiten unterschiedliche rhetorische Methoden gebucht werden.

Im Frühjahr stehen häufig Gehaltsverhandlungen an. Vielleicht sind deshalb Trainings rund um Eigenpräsentation, Self-Marketing und Bewerbung zwischen Februar und April besonders gefragt. Anfang des Jahres beobachte ich regen Zulauf bei Präsentations- und Storytelling-Spins, da offenbar im ersten Quartal viele neue Ideen und Projekte vorgestellt werden. Sprechtechnik und Stimm-Modulation sind in unserer Gesellschaft wichtig. Wie jemand klingt, ist nicht egal und lässt tief blicken.

Die ersten Frühlingsfeste verlangen Netzwerk Skills. Wer hier den Unterschied zwischen privatem Small Talk und Business Small Talk kennt, der ist sehr gut beraten. Fragen, wie „Was gibt es Neues in meiner Branche?“, „Wohin zeigen die Trends?“ führen automatisch zu anderen Gesprächsinhalten als „Wohin geht es in den Urlaub?“, „Und auf welche Privatschule geht Dein Sohn?“.

Die „große Kunst des kleinen Gespräches“ bedeutet, gut ins jeweilige Thema einzusteigen und noch wichtiger: schnell wieder aus dem Small Talk heraus zu kommen ohne unhöflich zu wirken. „Netzwerken“ funktioniert eben nicht, wenn man gleich am ersten Tisch den gesamten Abend über hängen bleibt. Unter „Socializing“ versteht man, sich mit vielen interessanten Menschen auszutauschen.

Im Sommer fahren Familien in die Ferien. Man lebt auf kleinerem Raum als zu Hause und Reibung ist vorprogrammiert. Schließlich erwartet von der schönsten Zeit im Jahr jeder etwas anderes. Streitgespräche drücken auf die Familiendynamik und manchem auf die Psyche. Clever verhandeln und eintauschen verlangt Kreativität und gute ÜberzeugungsarbeitPerspektivenwechsel helfen beim Schlichten zwischen den Familienmitgliedern – egal, ob groß oder klein: „Du findest also, dass …?“ „Ich erlebe es hingegen so,  ….“ Wer in der Familie Streitkultur pflegt und die Bedürfnisverhandlung; sogar regelmäßig trainiert, der kommt paradoxer Weise langfristig harmonischer durch. Wer schon vor dem Urlaub ein Spin-Training für „Schlagfertigkeit“ besucht, ist gut gerüstet.

Im Herbst warten in vielen Firmen Feedbackgespräche. Noch ist das Jahr nicht zu Ende und Manöverkritik vor dem Jahresabschluss nötig. Die ohnehin dunklere Zeit im Kalender breitet ihre melancholischen Flügel aus und Selbstzweifel sind bei manchen Menschen die Folge. Trainings, wie „Verbales Charisma“ und „Körpersprache“ boomen. Gerade im Spätherbst erlebe ich viele Kunden, die sich im Coaching für die eigene Standortbestimmung und ein Profiling interessieren. Wer den Blick nach „innen“ wendet, begegnet recht bald der eigenen Atemtechnik. Bei manchen ist es wirklich kein Wunder, dass sie sich „außen“ im Gespräch zu wenig gehört fühlen, wenn sie „innen“ schon keinen Platz schaffen für den eigenen Atemstrom. Stimmtraining hat mit Resonanz zu tun.

Winter ist die Zeit der Rückblicke. Weihnachten ist gar keine stille Zeit, sondern eine in der es dafür hoch hergeht und manche meiner Kunden lernen müssen „Nein“ zu sagen. Harmonie und süße „Jingle Bells“ gibt es nur in wenigen Haushalten. Stattdessen sind Killerphrasen und schwarze Rhetorik vielerorts erlebbar. Dabei begegnen uns Statusspiele nicht nur in der Familie, sondern auch auf Weihnachtsfeiern und vor Punschhütten.

Fazit: Im Zuge eines Jahres legen wir einige tausend Gesprächskilometer zurück. Wer weniger Worte braucht spart physische Ressourcen. Schweigen lädt den Akku auf und klar zum Punkt kommen spart Lebenszeit.

Themen: KillerphrasenKörperspracheVerbales CharismaSchlagfertigkeitKommunikationJahreszeitenAtemtechnikStreitgespräche
9. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA
Werbung einmal komplett anders? Das große Universum, die präzise Produktbeschreibung oder soll es doch nur eine lustige Episode sein? Hör’ in den Podcast von Thomas Weinek rein und lass’ Dich überraschen von “Wie unterschiedlich Werbung klingen kann”.
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Marieluise Schönburg

Luisi Schönburg ist 1991 in Wien geboren, halb Deutsche und absolviert 2023 mit Auszeichnung DIE SCHULE DES SPRECHENS. Nach einigen Auslandsaufenthalten hat sie es wieder nach Wien verschlagen und arbeitet im Gesundheitswesen. Als gelernte Kunsttherapeutin ist die Sprache, die Kommunikation, immer schon wichtig für sie gewesen. Als Sprecherin taucht Luisi am liebsten in die Welt des Synchronsprechens, sowie der Werbung, Hörbücher und Dokumentationen ein. Hör‘ Dir an, über wen Du gerade liest:

8. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA

Als Rhetoriktrainerin ist es meine Aufgabe die Entwicklungen in der Sprache aufmerksam zu beobachten, insbesondere wenn es um Jugendwörter geht. Unsere Ausdrucksweise ist schließlich lebendig und verändert sich ständig, um sich an die Bedürfnisse und Interessen der jeweiligen Generationen anzupassen. Das Jugendwort 2023 (Platz 1) reicht ursprünglich ins Jahr 1869 zurück. Im englischen Dialekt wurde „goff“ gleichbedeutend mit „foolish clown“ verwendet. Spätestens seit 1939 und dem Walt-Disney-Konzern steht „Goofy„, der Freund von Mickey Mouse, synonym für tollpatschig, albern und verpeilt.

Mit “YOLO” erleben wir ebenfalls eine Reprise aus dem Jahr 2012. Draufgängerisch und risikobereit bist Du, wenn Du Chancen ergreifst und stets nach dem Motto lebst: “You only live once”. 

Niemand von uns möchte “NPC” genannt werden. Der “Non-Playable-Character“ kommt aus der Gamingsprache und definiert im übertragenen Sinne das Gegenteil von einem VIP. Es handelt sich hier um Menschen, die aktuell keine große Rolle spielen, somit vermeintlich unwichtig sind.

Es ist peinlich, wenn Erwachsene krampfhaft die Sprache der Jüngeren sprechen und dadurch cool sein wollen. Auf der anderen Seite ist es sicher falsch, sich gar nicht für die verbale Welt unserer Jungen zu interessieren, denn oft schon kamen kreative Wortschöpfungen aus ihrer Generation: “Napflixen”1 (Kofferwort aus dem Mittagschlaf, engl. Nap und Netflix, Jugendwort 2017, Platz 2) beschreibt beim Streamen einzuschlafen. Im selben Jahr wurde auch ein anderes Mischwort geboren: Wer “tinderjährig” (Jugendwort 2010, Platz 3). ist, gehört zur Zielgruppe der 18- bis 35-Jährigen. Das bedeutet: Diese Person ist nicht mehr minderjährig und darf die Datingplattform “Tinder” bereits nutzen. Der Neologismus versteht sich jedoch auch als Zielgruppenhinweis – beispielsweise im Marketing für das betreffende Alterssegment. 

Neue Wörter tragen dazu bei, dass Sprache frisch und lebendig bleibt. Einige der juvenilen Kreationen vermitteln zudem gelungene Bilder: Wer auf einer Party die Contenance verliert oder seichte Jokes macht, ist sprichwörtlich im “Niveaulimbo” (Jugendwort 2010, Platz 1). 

Sprache erzeugt zudem Wirklichkeit und stellt Gedankenbrücken her. Damit schaffen Worte Identitätsbildung. Jugendliche nutzen spezielle Begriffe, um sich von älteren Generationen abzugrenzen und eine eigene Gleichartigkeit zu schaffen. Das kann dazu beitragen, dass die Zugehörigkeit zur eigenen Altersgruppe gestärkt wird. Ausdrücke wirken dann wie Social Codes. 

Auf der anderen Seite sind Jugendwörter oft eng mit technologischen Entwicklungen verbunden. In einer Welt, die von digitalen Medien geprägt ist, spiegeln diese Wörter den Einfluss von Technologie auf die Kommunikation wider: “Egosurfer” sind Menschen, die sich selbst googeln (Jugendwort 2010, Platz 3), wer ständig auf seinen mobilen Glasziegel glotzt, der ist ein “Smombie” (beschreibt die Kreuzung aus Smartphone und Zombie, Jugendwort 2015, Platz 1).  

Nur wenn wir die Sprache der Generationen vor uns und nach uns verstehen, können wir gemeinsam gesellschaftliche Trends und Anliegen bearbeiten. 

Einige Jugendliche verwenden Wörter, um dadurch ihr politisches Statement abzugeben oder eine kulturelle Zugehörigkeit auszudrücken. 

Als Rhetoriktrainerin ermutige ich deshalb sowohl das Führungspersonal als auch Studierende, die Bedeutung und den Kontext solcher Wörter zu verstehen, um innergenerationell effektiver zu kommunizieren. 

Fazit: Nicht jedes Jugendwort ist auch im nächsten Jahr noch von Relevanz, aber einige kommen – wie im heurigen Jahr “Goofy” oder “Digga(h)” (“Dicker”, Bruder, Kumpel, war bereits in den 1990er Jahren bekannt) – erneut um die Ecke. 

Themen: Tatjana LacknerGoofySmombieYoloJugendwort 2023
1. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA
Der Mensch wollte immer schon neue Welten erobern. Metaverse bedeutet eine erweiterte digitale Realität zu beschreiten, in der Menschen erneut virtuelle Lebensbereiche erkunden können. Wie beeinflusst das Metaverse die Bildung und das Lernen in Zukunft? Tibor Mérey, Geschäftsführer und Partner der Boston Consulting Group, im Gespräch.

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1. November 2023 von Tatjana Lackner, MBA

Internationaler Tag der Zungenbrecher: 12. November

Für unsere Sprechlinge sind Zungenbrecher reine Artikulationsübungen um vor einem Auftritt das Gaumensegel elastisch zu machen oder um die Konzentration für den Text im Studio zu verbessern. 

Sprachakrobaten aller Länder haben längst auch dieses Genre erobert und turnen ihrem Publikum in Affentempo kleine Geschichten, Schüttelreime und Wortspielereien vor, dass allen staunend der Mund offen bleibt. 

Sprachliches Gehänge wegen Vokalen unterschiedlicher Länge 

Sprachlich aus der Kurve schmeißt es uns vor allem dann, wenn wir mit unterschiedlichen Vokallängen und Tempo arbeiten: 

Beispiel: Ebbe-aber-Eben-ob-um-üben-ohne-Olga-oben-Otto 

Ein langes geschlossenes E braucht eben eine andere Gaumenspannung als ein kurzes offenes A. Die schnellen Wechsel beim Lesen verlangen uns größte Konzentration ab. Die Zunge ist dann nicht mehr nur ein Stück Fleisch im Mund, sondern sie wird zu einem alles bestimmenden Muskel, der Präzisionsarbeit ausführt. 

Konsonantengruppen entpuppen sich zu Buchstabensuppen 

Wer in der Muttersprache bei bestimmten Wortfolgen schon Schwierigkeiten hat, der wird sich in Fremdsprachen mit anderen Lauten wahrscheinlich ebenfalls plagen. Auf Englisch heißen die sprachlichen Stolpersteine “Tongue Twister”. 

Beispiel: “How much wood would a woodchuck chuck if a woodchuck could chuck wood?” 

Die Franzosen nennen diese Wortfallen “Vire-langue” und das hört sich dann so an: 

Beispiel: “Poissons sans boisson sont poison.” 

Wir wollen von Dir anlässlich des „Internationalen Tages der Zungenbrecher“ am 12. November wissen, welchen Du dafür nominierst. Die Kreativsten und Schwierigsten werden sogar im nächsten Newsletter vorgestellt. Sie dürfen auch erfunden sein ;-)! 

Hier Tatjanas liebste Aussprachehindernisse: 
  1. Wenn der Benz bremst, brennt das Benzbremslicht. (leicht) 
  1. Als wir noch in der Wiege lagen, gab’s noch keine Liegewagen. Jetzt kann man in den Wagen liegen und sich in allen Lagen wiegen. (mittel) 
  1. Siebzehn Schnitzer, die auf siebzehn Schnitzsitzen sitzen und mit ihren spitzen Schnitzern Ritzen in ihr Schnitzholz schlitzen, wobei sie schwitzen, sind siebzehn schwitzende, schnitzende, auf dem Schnitzsitz sitzende, spitze Schnitzer benützende Schnitzholzritzenschlitzer. (schwer) 

Wer jeden Zungenbrecher dreimal fehlerlos ausspricht – Tempo vorausgesetzt – der hat seine Zunge und die Aussprache bereits gut im Griff.  

Quelle: 

https://www.heilpaedagogik-info.de/zungenbrecher/287-zungenbrecher-deutsch-sprueche.html, Stand 10/23

Themen: Tatjana LacknerAusspracheZungenbrecherTongue TwisterWortkünstlerZungeGaumensegelSchüttelreime
Lisa Panzenböck

Hi, ich bin Lisa.
1995 in Wien geboren & durch Faszination Hörbuch und Radio zur „SCHULE DES SPRECHENS“ gekommen. Als gelernte Veranstaltungstechnikerin weiß ich, was es heißt sich durchzusetzen zu müssen. In dieser noch immer stark männerdominierten Branche ist ein guter Stimmsitz & Schlagfertigkeit von Vorteil. Mittlerweile beherrsche ich beides sehr gut und durfte diese Fähigkeiten bei der Prüfung im Oktober 2023 unter Beweis stellen.
(-Abschluss mit Auszeichnung-)

Ich bin für vieles zu begeistern! Werbung, Hörbuch, Doku oder Voice-Over. Erfahrungen durfte ich schon bei Telefonansagen und Erklärvideos sammeln.

Einfach erklärt ist besser gesprochen!

Iris Maria Ohligs

Kennen Sie das? Sie hören eine Stimme und ein Gefühl von Vertrautheit und Wohlempfinden macht sich breit.

Iris Maria Ohligs hat so eine Stimme. Geboren in Deutschland, professionell ausgebildet an der SCHULE DES SPRECHENS, bietet sie ihre Stimme primär dem deutschsprachigen Raum an. Und das auch in Englisch und Schwedisch, aufgrund ihres absolvierten Studiums in Health Management in Schweden.

Ihre melodisch-cremige Stimme bietet sich auch für gesungene Passagen an.

Bringen Sie Wohlklang in Ihre Aufnahmen.

25. Oktober 2023 von Tatjana Lackner, MBA
Du fühlst Dich nicht geerdet? Zu viel Negativität umgibt Dich? Du wünschst Dir mehr Energie oder besseren Schlaf? Mein Tipp: Versuche doch einmal, Dir die Kraft der Heilsteine zu Nutzen zu machen. In dieser Episode stellt sich Dir der Bergkristall vor - der „Master-Healer” unter den Kristallen, der in keinem Haushalt fehlen darf!
Gesprochen von Nathalie Ortner.
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