Fotografie als Seelenarbeit

4. September 2024 von Tatjana Lackner, MBA

Die meisten von uns pflegen einen elektronischen Business-Kalender. Dort werden Meetings, Zoom-Termine, Geburtstage und wichtige Ereignisse festgehalten. Wir jagen durch die Wochen, als gäbe es kein Morgen.  

Irgendwann habe ich mir angewöhnt, von jedem Jahr ein großes Fotoalbum anzufertigen, weil ich einzelne Momente festhalten möchte. Das Problem dabei: Selten schaue ich mir die Alben danach an. Sie werden eher zum Platzproblem, und das, nachdem ich in mühevoller Kleinarbeit Pics auf flotte Album-Apps hochgeladen, platziert und Texte eingefügt habe.  

Deshalb bin ich dazu übergegangen, auf unserem großen Familienkalender mini-kleine Fotos zu kleben, um Erinnerungen auch für die anderen Familienmitglieder unmittelbarer zu bewahren und Events gleich zu dokumentieren. Schließlich bin ich die Chronistin der Familie und habe Journaling gelernt.  

Nach einiger Zeit habe ich gemerkt, dass die bildhaften Einträge mein Alltagsbewusstsein geschärft haben. Heuer kann ich beispielsweise viel genauer Auskunft geben, wann wir wo als Familie waren. Warum? Ich habe meinen Kalender das ganze Jahr vor Augen und erlebe häufig erstaunte Reaktionen: “Was, Du weißt noch, dass das im Februar war? Ich hätte schwören können, wir waren dort im März!”  

Feine Erlebnisse neben den arbeitsamen Wochen täglich optisch vor sich zu haben, fördert zudem meine Kreativität beim Fotografieren, und das steigert mein Selbstwertgefühl. Viel genauer überlege ich mir mittlerweile, welche Perspektive ich als Nächstes ausprobiere, und welche Snapshots sich anschließend für die Bildauswahl eignen. Klar, will ich auch bild-dramaturgisch nicht zu viel vom Gleichen sehen, weshalb es nur auserwählte Pics in den Kalender schaffen.  

Die permanent sichtbare Reflexion wirkt auch emotional wie eine Seelenmassage – wie wohltuend. 2024 kann ich viel besser sagen, was ich abseits des vollgepackten Jobs noch alles erlebt und für mich entdeckt habe. Ich erfreue mich auf diese Weise das ganze Jahr an den kleinen bunten Bildchen, die wie visuelle Rebellen gegen die eigene Vergänglichkeit kämpfen. Wie oft ist mein üppiger Kalender voller Fotos schon von Besuchern bewundert worden: “Ihr unternehmt aber wirklich viel. Cool, dass Du auch Pics von Ausstellungen einklebst!”  

Es freut mich, wenn meine Enkelinnen wieder vor dem Kalender stehen und quietschend neue Bildeinträge entdecken.   

Fazit: A pic a day keeps the therapist away! 

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