Dein Duft ist ein Statement

6. Mai 2022 von Tatjana Lackner, MBA

Körpersprache besteht nicht nur aus dem Blickkontakt, der Haltung, dem Gang oder der Mimik eines Menschen. Zur olfaktorischen und damit nonverbalen Kommunikation gehört auch unser Duft. Egal, ob Eau de Toilette oder Parfüm – Gerüche lösen im Hirn Reaktionen aus und wir speichern sie gemeinsam mit Erinnerungen ab. Assoziationen aus der Kindheit legen Erlebtes offen. Dabei unterscheiden sich die Zuordnungen ob etwas wohltuend, ungut oder angenehm ist, von Person zu Person. Für mich beispielsweise riechen blühende Holunderbüsche nach Kindheit. Meine Tochter verbindet damit vor allem ihre Allergie und meinen Mann erinnert dieser Duft gar an ein Urinal.  

Ich habe mich im “Internationalen Parfum-Museum“ in Grasse bei den französischen “Nasen” mal umgesehen. Auf 3.500 Quadratmetern bietet sich dem schnüffelnden Besucher eine lustvolle olfaktorische Reise. Wie riechen Kokain und Heroin? Wie Opium? Und wo wächst das von mir heißgeliebte Süßgras “Vetiver”? 

Mein eigenes Parfum “Juniper Sling” riecht übrigens sanft nach London Dry Gin und stammt aus der exquisiten Penhaligon’s Serie. Auch darin findet sich ein Hauch von “Vetiver”. Gefühlte hundert Mal wurde ich schon auf diesen besonderen Duft angesprochen und ich liebe die Komposition bestehend aus Wacholder, schwarzem Pfeffer, Zimt und Orangenbrand, braunem Zucker und Kardamom nach so vielen Jahren immer noch. Wahrscheinlich liegt der Zauber am olfaktorisch gelungen abgemischten Akkord aus Kopf-, Herz und Basisnote. Die Kopfnote ist für die unmittelbare Entfaltung beim Aufsprühen zuständig. Sie verflüchtigt sich nach 15 Minuten und die Herznote übernimmt. Sie bildet den sogenannten Duftkörper. Sie ist es auch die darüber entscheidet, wie andere den Duft wahrnehmen. Wohingegen die Basisnote das Zusammenspiel aus Aromen und Haut organisiert. Alter, pH-Wert der Haut, Ernährung, ja selbst der Hormonstatus spielt bei der Duftentwicklung eines Menschen eine Rolle. In der Basisnote finden sich oft würzig-holzige Aromen. Ich selbst kenne das Gefühl wenn meine Tochter einen tollen Duft ausprobiert, der bei mir völlig anders riecht und mich nicht mehr überzeugt. Auch dafür ist die Basisnote verantwortlich. Sie ist die Individualistin unter den drei Duftnoten. 

Den Tipp für “Juniper Sling” erhielt ich von einem eleganten und vielreisenden männlichen Kunden, dem ich vor Jahren mein Leid darüber klagte, dass mein damaliges Eau de Toilette “Bogner Man Classic” plötzlich eingestellt wurde. Ich gehöre von jeher zu den Frauen, denen Damendüfte tendenziell zu süß riechen und die sich lieber mit raffinierten Herrendüften umgeben – wieder der Basisnote wegen.  

Im Frühsommer liegen in Südfrankreich so viele geniale Düfte in der Luft. In eigenen Gärten wachsen die Blüten, die darauf warten, aufwendig extrahiert zu werden. Rosen, Mimosen, Orangen und Zitrusfrüchte haben den reizenden Ort Grasse berühmt gemacht. Die Literatur half zusätzlich nach. Patrick Süskind hat mit seinem Roman “Das Parfüm” weltweit Furore gemacht. Die bekannte Geschichte des Frauenmörders, der Düfte sammelt, spielt ebenfalls in Grasse. Drei weitere Namen sind mit der Gegend südwestlich von Nizza verbunden: “Fragonard”, „Molinard” und „Galimard”. 

Im Mittelalter ging es vor allem darum, die stinkenden Handschuhe und ihren üblen Geruch von gegerbter Tierhaut zu übertünchen; dann wurde aus der Not eine Tugend und schließlich eine Kunst. Gerber Galimard kam angeblich als erster auf die Idee, die Lederhandschuhe der Damen in ein Blütenbad zu legen. Das machte Schule und man übertrumpfte sich schon bald mit cleveren Kombinationen aus Lavendel, Orangen und anderen Blüten aus den Duftgärten. 

Vieles lernt man hier über die Destillation von ätherischen Ölen. Wie wird der Duft der Rosen konserviert? Warum bezog Stilikone Madame Coco den teuren Jasmin für ihr legendäres Chanel Nr. 5 ausgerechnet aus Grasse? 

Besuchern werden Workshops zur Parfümherstellung angeboten und im „Atelier de Tarinologie“ bei Molinard kann man sich sogar sein eigenes Parfüm zusammenstellen lassen. 

Die nonverbale Kommunikation erzählt bei “Fragrance Marke 08/15” aus dem Drogeriemarkt eine gänzlich andere Geschichte als beim persönlichen Parfüm aus dem eigenen Flakon. Ist jemand olfaktorischer Mainstream, Billigduftie oder Anhänger einer eher exklusiven Duftkomposition? Geld stinkt eben nicht – es hat meist sogar einen durchaus exquisiten Duft. Egal ob in der luxuriösen Automobilbranche, in der Hotellerie, in Einkaufszentren oder in der Haute Cuisine – überall sind ganze Heerscharen von Geruchsspezialisten damit beschäftigt, unsere Nasen zu erfreuen. An die Fähigkeit etwas mit der Nase wahrzunehmen, erinnern uns sogar Redewendungen: “Herr Maier hatte ein Näschen für das Geschäft” bedeutet, er konnte etwas voraussehen oder eine Geschäftsentwicklung erahnen. “Ich habe die Nase voll von Deinem Gemeckere!” oder “Ich kann ihn im Augenblick nicht riechen” – in beiden Fällen droht “dicke Luft”. Wenn etwas “anrüchig” ist, dann ist es wohl dubios oder zweifelhaft. Wenn etwas “zum Himmel stinkt”, dann ist etwas faul an der Sache und man sollte lieber “verduften”. 

Fazit: Die nonverbale Kommunikation umfasst auch, wie sich jemand olfaktorisch präsentiert. Denn manchmal hätten wir auf den ersten Blick an einem Fremden gar nichts auszusetzen, wäre sein Rasierwasser oder ihr Parfüm nicht so aufdringlich, süß oder schwer. 

Gerade in einem Land mit Jahreszeiten tragen viele einen Winterduft und ein Sommerparfüm. Das Problem: Im nächsten Winter ist dieser Duft möglicherweise gekippt. Selbst die teuersten Öle können mit der Zeit ranzig werden, die Farbe und die Basisnote verändern sich. Sobald die Flüssigkeit dunkler aussieht, ist Vorsicht geboten. Das ist einer der Gründe, warum es im Parfümmuseum in Grasse eher dunkel zugeht: Auch unsere Flakons sollten vor Licht und Hitze geschützt werden, um länger zu halten. Und wer weiß, vielleicht hatte Heinrich Heine recht: “Düfte sind die Gefühle der Blumen”. 

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