Traue Deinen Augen nicht
Unser postfaktisches Zeitalter zeichnet sich besonders dadurch aus, dass die Instanzen und Autoritäten weltweit verloren gegangen sind. Wer glaubt heute noch an große einst namhafte Institutionen, wie beispielsweise die WHO, die EU oder den eigenen rechtlichen Sender des Landes? Fake News und Verschwörungstheoretiker haben Hochsaison und der seit 2010 bekannte Backfire-Effekt mit seiner “Jetzt-erst-recht“-Attitüde greift politisch und gesellschaftlich um sich.
Zuerst verschwanden die Vorbilder und die Idole; danach das Vertrauen der Bevölkerung in renommierte Organisationen. Was demokratiepolitisch passiert, wenn Bürger nicht mehr wissen, wem sie noch glauben können und an wessen Meinung sie sich orientieren, bleibt abzuwarten.
Wir leben in einer Welt, in der die Technik einem Menschen videomanipulierte Worte in den Mund legen kann, die dieser nie gesagt hat. Unsere klassischen fünf Sinne haben somit ausgedient. Längst reicht es nicht mehr etwas “mit eigenen Augen gesehen” zu haben oder akustisch Zeuge von Aussagen geworden zu sein – alles könnte eine Täuschung sein. Unser Wahrnehmungsradar wird damit auf eine harte Probe gestellt.
Wenn im Mittelalter ein Tisch reichhaltig gedeckt war, dann hat man sofort Rückschlüsse auf den Gastgeber ziehen können. Natürlich wurde angenommen dieser, sei wohlhabend, da seine Inszenierung dementsprechend opulent erschien. In der heutigen Politik und in der Wirtschaft verhält es sich ganz ähnlich: Der alte Satz: “Kleider machen Leute” ist längst ersetzt worden durch Nietzsches Credo: “Manchmal wollen die Menschen die Wahrheit nicht hören, denn sie würde ihre ganze Illusion zerstören.”
Fazit: Kein Wunder also, dass viele heute eher einer geglückten Inszenierung, anstatt präsentierten Fakten den Vorzug geben. Zahlen, Daten und Argumente, die alle “der Wahrheit” dienen, gibt es wie Sand am Meer, und das in jeder politischen Himmelsrichtung.