What’s Up Down Under?

2. Februar 2020 von Tatjana Lackner, MBA

What’s Up Down Under?

G’DAY MATE!

Egal, ob im Südosten des fünften Kontinents in Sydney oder nordöstlich in der Gegend von Cairns in Queensland oder beispielsweise im Regenwald rund um Kuranda Village – überall sind die Menschen Down Under freundlich. Ja, sogar auf den Pfingstinseln oder auch auf der anderen Seite des riesigen Landes – in Fremantle, dem Mekka der Alternativen – in Western Australia.

ORGANIC BEAUTY BRANDS

Auf der Suche nach unterscheidbaren Merkmalen fällt sofort auf: Meistens sind Frauen hier ungeschminkt, was bestimmt auch der irren Hitze geschuldet ist. Sie geben sich lieber natürlich und sind offenbar immunisiert gegen das Heulen der Sirenen aus den Multikonzernen der Kosmetikindustrie. Die Abgeschiedenheit hat auch Vorteile. Ein klarer Nachteil ist, dass Amazon den fernen Kontinent erst seit kurzem beliefert und das nicht flächendeckend.

Das Aussie Bogan Starter Pack

In Australien sind vor allem die “Bogans” tragisch beisammen – optisch, akustisch und insgesamt. Laut Oxford Dictionary bezeichnet man damit eine unmodische Person mit einfachem Charakter und niedrigem sozialen Status. Diese Bogans tragen Fokuhila, karierte Hemden, Tattoos, Socken mit Schlapfen und trinken zu viel Bier. Optisch gleichen sie ungepflegten Hinterwäldlern oder aus dem deutschen TV bekannten “Assis”.

Das mit den optischen Vorlieben ist hier so eine Sache. Grundsätzlich ist der Durchschnittsaustralier sportlicher und körperorientierter als der Österreicher. Körperbemalung in Form von wenig ansprechenden floralen Tattoos sind selbst in den sozial unauffälligen Schichten die Norm. Man rasiert sich zudem unter den Armen nicht überall, was in Europa definitiv Nasenrümpfen hervorrufen würde.

Du bist faul? Geh nach Down Under!

Nachdem meine Tochter samt Familie hier lebt, sind die Vergleichswerte über einige Jahre gesammelt. Am stärksten fällt meinem Schwiegersohn die üble Arbeitsmoral hierzulande auf – und zwar in all seinen Filialen, die er zu verantworten hat. Wer faul ist und keine Ambitionen hat, der sollte sich Down Under wohl fühlen. Die Menschen sind zwar im Kundenkontakt freundlich, die meisten haben aber nicht vor, ihre Arbeit gewissenhaft zu erledigen. Sie interessieren sich noch nicht einmal für die Abläufe und suchen ihre Erfüllung definitiv nicht im Beruf.

Im Job „blau machen“ und kränkeln wird hier vom System geduldet. „Psychische Probleme“ sind der Zauberspruch und gelten als legitimer Grund, um nicht in die Arbeit zu gehen. Leistung an sich ist in Australien kein Adelsprädikat. Lieber nimmt man die Dinge gelassen. Das beginnt schon beim Schulsystem: Man kann kaum durchfallen. Stattdessen schließt man im jeweiligen Problemfach schlicht nicht ab und steigt dennoch in die nächste höhere Klasse auf.

Aus Hippies wurden Hipster

Der Leistungsdruck aus Europa hat die einstige Hippiestadt Fremantle beispielsweise nie erreicht. Aus den Hippies sind mittlerweile in der übernächsten Generation Hipster geworden. Doch auch sie nehmen das Leben lieber auf die leichte Schulter und paddeln mit ihren Surfboards hinaus in die Wellen.

Diesem Treiben für einige feine Urlaubstage zuzusehen, ist entschleunigend. Wenn man allerdings hier lebt und dieser Einstellung Tag für Tag als Kunde ausgesetzt ist, dann nervt es irgendwann. Beispiele? Bestellung in der Pizzeria – einfach vergessen. Während der Öffnungszeiten beim Autoverleih anrufen – niemand geht ans Telefon.

Meine Tochter wartet auf Antwort des hiesigen ÖAMTC seit mittlerweile 6 Monaten und hört wöchentlich: “Yeah, we will figure out something within the next days”.

Aussies sind sportlich

Auffallend positiv fand ich, dass Australier bis ins hohe Alter fit sind, da die morgendlichen Turnstunden “on the beach” die beste Gesundheitsvorsorge darstellen. Alle gehen täglich an den Strand: Die Senioren, die Kiddies, Hunde und Sportler. Hier trifft man sich und tauscht sich aus. Beachleben gehört hier klar zur Work-Life-Balance dazu. Mit Morgensport beginnt der Tag und abends nach der getanen Arbeit trifft man sich wieder zum Barbecue.

No worries!

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: Australier sind auffallend konfliktscheu. Nachdem der Kontinent recht schwach besiedelt ist, wird Kooperation großgeschrieben. Man ist vom “Goodwill” des anderen abhängig. Während man in Europa Probleme benennt, analysiert und gerne hochrechnet, finden Aussies nur zwei Worte: „No worries!“ Diese Phrase ist universell einsetzbar und ein Äquivalent für:

  1. Keine Ursache.
  2. Passt schon.
  3. Entschuldige, bitte!
  4. Leider haben wir das nicht.
  5. Jederzeit wieder.

Fazit: Es ist angenehm, der landeseigenen Neidgesellschaft und dem rigiden Leistungsdruck für einige Tage zu entfliehen.

Die Schauspiele der Natur und die Inszenierungen der Wolken sind Down Under sicher bombastischer. Wären da nicht die vielen giftigen Schlange, Spinnen, Haie, Jellyfish und Frösche, dann könnte man schon Aussteigerfantasien entwickelt. Gerade das hippe Fremantle eignet sich perfekt dafür.

Doch die Welt wird auch kleiner, wenn man so fernab vom Schuss lebt.