Windsurfen eine Frage des Gewichts?

4. August 2021 von Tatjana Lackner, MBA

Windsurfen ist keine Frage des Gewichts, sondern des Geschicks, sonst wäre ich nicht so begeistert seit 1986 dabei. Ich liebe diese Randgruppen-Sportart, weil sie gleich zwei Urgewalten spielerisch verbindet: Wasser und Wind.

Was es braucht ist Balancegefühl und später den Mut höhere Geschwindigkeit zu fahren und Schmerztoleranz. In den letzten 31 Jahren kristallisierten sich für mich 5 verschiedene Surftypen heraus. (Alle gibt es in Mischformen und m/w):

    • Der leichtgewichtige Draufgänger:

Er springt aufs Board und ist, ob seines Minimalgewichts, schnell im Gleiten; so nennt man den Zustand wenn das Board wie von Geisterhand über das Wasser fegt und auf einem Wasserkeil im Wind dahin gleitet. Er braucht dafür weder große Segel noch wichtige Bretter. Nachdem er weniger wiegt, als er heben kann ist er ein Artist und beherrscht viele Trickmanöver.

    • Der Physikexperte:

Er kennt die Windverhältnisse und Prognosen für die nächsten Tage genau, redet in “Knoten” und “Beaufort” und kann jedes Manöver auf dem Wasser physikalisch benennen. Nur andere Nerds begeistert sein Gerede. Das wiederum interessiert ihn wenig, denn er teilt sich ungefragt jedem mit. Dabei spart er nicht mit „guten Tipps“.

    • Der Reisser:

Er ist von seinen besten Sporttagen schon 10 Jahre und geschätzte 10 Kilo entfernt. Natürlich beherrscht er den Beach- und den Wasserstart (der leichtere ist der Beachstart, dieser erspart dem routinierten Surfer das Segel händisch aus dem Wasser zu ziehen. Den Wasserstart auf hoher See hingegen können nur die Fortgeschrittenen. Dabei muss man das Segel erst nach dem Wind ausrichten und arbeitet ohne Bodenkontakt was die Sache schwieriger macht.)

Der Reisser fährt mehr mit Power als mit Gefühl und reißt das Segel aggressiv herum. Auf dem Board bewegt er sich unruhig und versucht die Windstärke mit Kraft zu besiegen. Dieser Typus ist mehr mit sich beschäftigt, als mit dem dem Surfrevier, was ihn zu einem rücksichtslosen Fahrer macht. Die Ausweichregel Lee vor Luv interessiert ihn nur gelegentlich. (Das ist ähnlich, wie beim Segeln: dort gilt Backbordbug vor Steuerbordbug oder beim Autofahren: recht vor links)

    • Der Ausdauer-Wonneproppen:

Pummelige Surfer gibt es genug. (Selbst der 42-fache Weltmeister Bjoern Dunkerbeck wog mehr als 100 kg. Zugegeben Muskeln helfen mehr als Fett, aber beide wiegen gleich viel.) Fast alle runden Wassersportler haben gemeinsam, dass sie sich gerne überwinden und gehörigen Ehrgeiz an den Tag legen. Denn Surfen kann gefährlich sein. Blaue Flecken, offene Wunden, schmerzende Finger und Verletzungen hat jeder schon mal erlitten, egal ob dick oder dünn, Profi oder Anfänger.

    • Der gemütliche Rentner:

Nachdem Brettsegeln 1964 offiziell erfunden wurde gibt es auch heute noch viele aus der Anfangsära die auf dem Board stehen. Jeden Sommer bin ich 2 Wochen im Surfurlaub und bestaune Surfer jenseits der 60, die schon lange nicht mehr der Geschwindigkeit wegen aufs Wasser gehen, sondern gemütlich unterwegs sind. Sie berichten am Strand seltener von erreichten Knoten, sondern von Riesenschildkröten oder fliegenden Fischen an denen sie vorbei gefahren sind. Heuer beeindruckte mich ein britisches Ehepaar, das in den 1970ern mit diesem Wassersport begonnen hat und jetzt mit 72 immer noch gemeinsam surfen. Er riggt das Material auf, sie bestimmt die Segelgröße.

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